Wie verwandelt Plastik die Ozeane?
Das GAME-Programm des GEOMAR auf den 13. Münchner Wissenschaftstagen
Plastik ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Weit über 200 Millionen Tonnen verschiedenster Kunststoffe werden jährlich weltweit produziert und zu so unterschiedlichen Produkten wie Textilfasern, Handygehäusen oder Getränkeflaschen verarbeitet. Sie alle machen das Leben auf den ersten Blick einfacher und günstiger. Doch irgendwann ist der Fleecepullover abgetragen, das Handy kaputt und die Flasche ausgetrunken. Dann wandern sie alle auf den Müll. Schätzungen gehen davon aus, dass 80 bis 90 Prozent des weltweit anfallenden Abfalls mittlerweile aus Kunststoffen besteht. In vielen Teilen der Welt landet er auf der Straße, in Seen oder Flüssen. Von dort treibt das Plastik ins Meer, wo Wellenschlag, Reibung an Felsen oder anderen Treibgütern die einzelnen Teile immer kleiner werden lassen. Doch auch wenn es mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen ist, bleibt das Plastik als sogenanntes Mikroplastik über Jahrhunderte erhalten.
Welche Auswirkungen dieses Mikroplastik genau auf die Ökosysteme der Küsten weltweit hat, untersucht aktuell das Forschungs- und Ausbildungsprogramm GAME (Globaler Ansatz durch Modulare Experimente) des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Auf den 13. Münchner Wissenschaftstagen vom 16. bis 19. November präsentiert GAME Hintergrundinformationen und aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema „Plastik im Meer“. Dabei können Besucher unter anderem lernen, welche Produkte welche Arten von Kunststoff enthalten, wie sie sich im Meer zersetzen und wie viel Plastik heute schon an den Stränden von Nord- und Ostsee, aber auch an den Küsten des Atlantiks, des Indischen Ozeans und des Pazifiks zu finden ist.
Die Proben und Ausstellungsstücke stammen größtenteils von den Teilnehmern des Forschungs- und Trainingsprogramms selbst. 14 junge Forscherinnen und Forscher aus Chile, Brasilien, Mexiko, Portugal, Finnland, Japan, Indonesien und Deutschland haben im Sommer 2013 fünf Monate lang an sieben Versuchsstandorten weltweit die Auswirkungen von Mikroplastik auf Meeresorganismen untersucht. Anfang Oktober haben sich alle wieder in Kiel am GEOMAR getroffen, um die jeweiligen Ergebnisse zu vergleichen und so zu global gültigen Aussagen zu kommen. „Die Auswertung läuft noch, aber erste Hinweise deuten an, dass es Effekte des Mikroplastiks gibt“, sagt Programmkoordinator Dr. Mark Lenz vom GEOMAR.
Auch wenn die Menge an Plastikmüll in den Meeren ständig wächst, ist bisher nur wenig über die exakten Zahlen, die genaue Verteilung und mögliche Auswirkungen bekannt. „Die Frage, wie sich der intensive Einsatz von Plastik in allen Lebensbereiche auf die Umwelt auswirkt, wird immer drängender. Gleichzeitig gibt es kaum Untersuchungen zur Auswirkung von Mikroplastik auf die Lebewelt der Küstengebiete. Mit unserem globalen Versuch betreten wir also wissenschaftliches Neuland“, sagt Dr. Lenz. Für die Studierenden ist das Projekt gleichzeitig ein wichtiger Schritt in ihrer Forscher-Karriere, denn es bereitet sie intensiv auf eine wissenschaftliche Laufbahn vor und liefert zudem die Daten für ihre Masterarbeiten.
Hintergrundinformation: GAME am GEOMAR
Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel gehört zu den weltweit führenden Instituten für Meereswissenschaften. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die Ozeane in ihrer Gesamtheit zu untersuchen, und vereint zu diesem Zweck physikalische, chemische, biologische und geologische Forschung unter einem Dach. Im Jahr 2002 wurde hier von Prof. Dr. Martin Wahl ein besonderes Programm für den Bereich der Meeresbiologie ins Leben gerufen, das einen neuen und innovativen wissenschaftlichen Ansatz etabliert: GAME – ein Programm für die weltweite Durchführung identischer Experimente über geografische und klimatische Grenzen hinweg. Gleichzeitig ist GAME ein internationales Trainingsprogramm, das angewandte Forschung mit der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern verbindet. In diesem Rahmen werden jedes Jahr an verschiedenen Standorten auf der ganzen Welt parallele Untersuchungen zu aktuellen ökologischen Fragestellungen durchgeführt. Diese Forschung realisieren Studierende, die in binationalen Zweierteams arbeiten und von Wissenschaftlern der GAME-Partnerinstitute betreut werden. Die einzigartigen GAME-Studien machen es möglich, verallgemeinerbare Erkenntnisse zu drängenden ökologischen Fragestellungen zu gewinnen. Gleichzeitig verbindet GAME das GEOMAR mit zahlreichen Partnerinstituten weltweit und schafft ein globales Netzwerk für nachhaltigen Wissensaustausch. Bisher kooperiert GAME mit 34 Meeresforschungsinstituten auf fünf Kontinenten.
Bildmaterial in höherer Auflösung:
<link fileadmin content service presse pressemitteilungen download herunterladen der datei>Die GAME-Teilnehmerinnen Valeria Hidalgo-Ruz und Vanessa Rüttler suchen am GAME-Standort in Chile nach Mikroplastik am Strand. Foto: V. Rüttler, GEOMAR
Ganze Strandabschnitte sind wie hier in Mexico voller Makroplastik, das in den Ozean gelangt - oder von dort angespült wurde. Foto: Jonas Martin, GEOMAR
Auch der Hennestrand in Dänemark ist teilweise mit Plastikteilen übersät. Foto: Mark Lenz, GEOMAR
Ansprechpartner:
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, jsteffen(at)geomar.de