Wo bleibt das Kohlendioxid?
Kieler Meeresforscher unterstützen langfristiges Beobachtungsprogramm zur CO2-Messung
Die Nutzung fossiler Energieträger führt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zu einem kontinuierlichen Anstieg der Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre. Von ursprünglich 280 ppm (Millionstel Volumenanteile) hat sich der CO2-Gehalt auf mittlerweile über 400 ppm erhöht und führt zu einer zunehmenden Erwärmung der Atmosphäre. Ein Teil des Treibhausgases wird aber vom Ozean aufgenommen und so klimaneutral aus der Atmosphäre entfernt. Um möglichst genaue Abschätzungen über die CO2-Aufnahme im Meerwasser zu erhalten, sind Langzeitbeobachtungen notwendig. Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ist hier seit vielen Jahren aktiv und unterstützt - beispielsweise durch automatisierte Messsysteme auf Handelsschiffen - dieses Beobachtungsprogramm.
„Seit 2005 haben wir ein automatisiertes Messsystem für die Messung von CO2 im Oberflächenwasser und der darüber liegenden Atmosphäre auf einem Containerschiff der Reederei Atlantic Container Lines (ACL) installiert“, erläutert der Meereschemiker Dr. Tobias Steinhoff vom GEOMAR. Das Schiff verkehrt im Liniendienst zwischen Europa und Nordamerika und überquert den Nordatlantik etwa alle zweieinhalb Wochen. Ziel der Messungen ist es unter anderem, den Gasaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre zu bestimmen. „Der Nordatlantik ist hierfür eine wichtige Region, da er große Mengen an atmosphärischem CO2 aufnimmt“, so Steinhoff weiter. „Es ist bekannt, dass diese CO2-Aufnahme großen saisonalen und zwischenjährlichen Schwankungen unterliegt, was eine kontinuierliche Beobachtung so wichtig macht“.
„Das Messverfahren ist relativ aufwändig und erfordert einen hohen Wartungsaufwand“, erläutert Tobias Steinhoff. Doch der Aufwand lohnt sich. „Denn so bekommen wir regelmäßige Messungen entlang fester Routen und mit hoher Genauigkeit“, so der GEOMAR Wissenschaftler. Weltweit gibt es ähnliche Messkampagnen auf Handelsschiffen in den unterschiedlichsten Regionen. Alle Daten fließen in das "Global Carbon Budget" ein, um die CO2-Senke Ozean besser abschätzen zu können.
Seit kurzem gibt es auch auf europäischer Ebene ein neues Projekt, in dem Treibhausgasmessungen in Ozean, Atmosphäre und Ökosystemen koordiniert werden. Dieses „Integrated Carbon Observation System“ (ICOS) hat das Ziel, Beobachtungen im europäischen Raum zu koordinieren und zusammenzuführen. Die Arbeitsgruppe am GEOMAR ist mit zwei Beobachtungskomponenten beteiligt.
„Es ist wichtig, möglichst genau zu bestimmen, wie viel CO2 vom Ozean aufgenommen wird und ob sich die Aufnahmeraten möglicherweise durch die zunehmende Erwärmung unseres Planeten verändern“, erläutert Prof. Dr. Arne Körtzinger, Leiter des Forschungsbereichs Marine Biogeochemie am GEOMAR. „Nur dann können wir den Entscheidungsträgern belastbare Daten zur Verfügung stellen, um Grenzwerte für CO2-Emissionen festzulegen“, so Körtzinger weiter.