GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
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Als die METEOR sich der vorbestimmten Position nähert, ist die Kette achtern beinahe vier Kilometer lang. Jetzt befestigt das Team an Bord noch das letzte Element: Ein tonnenschweres Ankergewicht. Sobald die Koordinaten stimmen, lässt die Schiffscrew das Gewicht ins Wasser und löst die Verbindung zum Schiff. Der Anker sinkt Richtung Meeresboden und zieht die sensorbestückte „Perlenkette“ hinter sich her in die Tiefe. Wenn der Anker nach etwa einer halben Stunde den Meeresboden erreicht, halten die Schwimmkörper den Rest der Installation senkrecht im Wasser. Der oberste Schwimmkörper hängt dann etwa 250 Meter unter der Oberfläche. Die Sensoren beginnen ihre Arbeit. Mindestens zwei Jahre lang sollen sie hier Strömungen vermessen.
Von der Südspitze Afrikas nach Norden, über den Äquator, durch die Karibik und weiter quer über den Nordatlantik an Europa vorbei Richtung Arktis – stark vereinfacht ist das der Weg, auf dem die globalen Ozeanströmungen Wärme und salzhaltige Wassermassen durch den Atlantischen Ozean transportieren. Vom Golfstrom zur Arktis kühlt das Wasser immer weiter ab, wird dabei dichter und sinkt schließlich an der Grenze zur Arktis Richtung Meeresboden. Von dort fließt es wieder Richtung Süden. Im Detail ist dieses gigantische Wärme- und Energie-Umverteilungssystem allerdings wesentlich komplexer. Seine Intensität schwankt von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr oder auch von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Wenn man wissen will, ob es sich grundsätzlich verändert und welchen Einfluss solche Veränderungen auf das Klima haben, muss man es langfristig im Detail beobachten. Dazu dienen unter anderem frei treibende Messbojen (Floats), die aber nur die oberen 2.000 Meter des Ozeans abdecken. Für tiefere Messungen an Schlüsselstellen der ozeanischen Umwälzpumpe sind feste Verankerungen wie die vor Brasilien unerlässlich.
Forscherinnen und Forscher des GEOMAR sind seit vielen Jahren aktiv an der internationalen Langzeit-Ozeanbeobachtung beteiligt. Sie betreuen Verankerungen von der Labradorsee im Norden bis zu den Küstengewässern Angolas im Süden. Von Ende August bis Anfang November besuchten zwei Arbeitsgruppen aus Kiel mit dem Forschungsschiff METEOR (Expeditionen M130 und M131) ihre Verankerungen im Südatlantik, um sie zu warten, die Daten auszulesen und die Messinstrumente neu auszulegen.
Die Verankerungen vor Brasilien standen auf dem Arbeitsprogramm von Expedition M130. Entlang 11 Grad Süd vermessen vier von ihnen den nordbrasilianischen Unterstrom und den tiefen westlichen Randstrom. Der Erste transportiert in den oberen 1.000 Metern warmes Wasser aus dem subtropischen Südatlantik und dem Indischen Ozean nach Norden. Ein Stockwerk tiefer, zwischen 1.000 und 4.000 Metern Wassertiefe, strömt kaltes Wasser nach Süden. „Der brasilianische Kontinentalhang eignet sich besonders für die Beobachtung von Transportschwankungen, da wir hier die warme Oberflächen- und kalte Tiefenströmung gleichzeitig erfassen können“, erklärt Dr. Marcus Dengler, Ozeanograph am GEOMAR und Fahrtleiter von M130.
Die jüngsten Langzeit-Beobachtungsstationen des GEOMAR sind mehrere Verankerungen vor der Küste Angolas. Sie liefern seit 2013 Daten unter anderem über die Stärke des Angolastroms. „So wollen wir nicht nur Klimaprozesse verstehen, sondern auch klären, welchen Beitrag physikalische Prozesse für die hohe biologische Produktivität und den Fischreichtum vor den Küsten Südwestafrikas haben“, sagt Prof. Dr. Peter Brandt. Er war Fahrtleiter der Expedition M131, die neben zahlreichen schiffsgestützten Messungen auch die Daten dieser Verankerungen gesichert und die Geräte neu ausgelegt hat.
Obwohl die Verankerungen schon seit Jahrzehnten ein bewährtes Mittel der Langzeitbeobachtung sind, werden sie kontinuierlich weiterentwickelt. So gibt es mittlerweile Sensoren, die wie Fahrstühle zwischen verschiedenen Wassertiefen hin und her pendeln. Zusätzliche Sensoren können chemische oder auch biologische Daten sammeln. Oberflächenbojen ermöglichen es, per Satellit Live-Daten aus dem Ozean zu verschicken. Doch solche Oberflächenelemente bergen auch Risiken: Schiffe können sie rammen und starker Seegang kann die darunter hängende Verankerungskette schädigen.
Die Messungen des GEOMAR sind eingebunden in nationale und internationale Forschungsprogramme. „Doch trotz aller Bemühungen der vergangenen Jahre haben wir immer noch zu wenige Messdaten aus dem tiefen Ozean, um die Rolle der Ozeane im Klimasystem ausreichend zu verstehen“, sagt Professor Brandt. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“ Und so werden die Kieler Ozeanographen voraussichtlich in zwei Jahren wieder zu ihren Verankerungspositionen fahren. Mit einem akustischen Signal werden sie das Ankergewicht vom Rest der Installation trennen. Die Auftriebskörper werden die wertvollen Messgeräte mit den unbezahlbaren Daten an die Oberfläche bringen. Wenn die Verankerungen geborgen, die Daten ausgelesen, alle Verschleißteile getauscht und Batterien gewechselt sind, beginnt mit der Auslegung die nächste Verankerungsperiode, die dann die gemessenen Zeitserien weiter anwachsen lässt und Auskunft über mögliche langfristigen Veränderungen im Ozean geben wird.
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