GEOMAR NEWS Archiv

Besprechung im Labor: Theresa Kuhl (links) und Beate Slaby (mitte) stimmen mit Prof. Dr. Hentschel Humeida die Analyse der Schwammproben aus der Arktis ab. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Schon früh haben Menschen Schwämme genutzt - vor allem als Badeutensil. Schwammverkäufer waren in griechischen Städten bis in die 1960er Jahre im Straßenbild anzutreffen. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-71382-0004 / Schaar, Helmut / CC-BY-SA 3.0
Schwämme auf dem Karasik Seamount in rund 600 Metern Wassertiefe. Das Bild entstand während der Polarstern-Expediton POS101 im Oktober 2016, bei der die bislang nördlichsten Schwammgründe in der Arktis entdeckt wurden. Foto: OFOS-Team, AWI
Mit einem Kastengreifer stanzen Crewmitglieder der Polarstern ein Stück Meeresboden am Karasik Seamount aus. Foto: Beate Slaby, GEOMAR
Blick in den Kastengreifer an Bord der Polarstern. In der Mitte links ist ein Tiefseeschwamm zu erkennen. Er dient Beate Slaby für weitere Untersuchungen im SponGES-Projekt. Foto: Beate Slaby, GEOMAR
Mittlerweile lagern die Proben vom Karasik Seamount tiefgekühlt in den Laboren des GEOMAR. Hier stehen sie Beate Slaby für genetische Untersuchungen an den Schwämmen und den auf ihnen lebenden Mikroben zur Verfügung. Foto: Jan Steffen, GEOMAR

Die Faszination der Schwämme

Arbeitsgruppe Marine Molekulare Mikrobielle Ökologie

Sie gehören nicht unbedingt zu den Sympathieträgern unter den Meeresbewohnern. Sie haben keine Augen, bewegen sich nicht elegant fort und wecken im schlimmsten Fall Assoziationen ans „Putzen“. Dabei warten Schwämme mit einer Reihe von faszinierenden Eigenschaften auf, die auch für Menschen äußerst nützlich sein können – weit über den klassischen Gebrauch einiger Arten als Badeschwämme hinaus. Deshalb konzentrieren sich immer mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Untersuchung dieser umfangreichen Tiergruppe, darunter auch das Team von Prof. Dr. Ute Hentschel Humeida im Forschungsbereich „Marine Ökologie“ des GEOMAR.

Zur Arbeitsgruppe gehört auch die Geowissen­schaftlerin und Biologin Beate Slaby. Sie promoviert derzeit bei Professorin Hentschel Humeida über Schwammbiologie im Mittelmeer. „Eigentlich bin ich eher zufällig zu dem Thema gekommen, als ich noch in München studiert habe. Aber es hat mich dann schnell in seinen Bann gezogen. Schwämme sind die älteste noch existierende Gruppe mehrzelliger Lebewesen“, erklärt Slaby ihren Weg zur Schwammforschung, „sie existierten schon lange vor den Dinosauriern und sie haben bisher alle Massenaussterben auf der Erde überlebt“.

Heute bevölkern die rund 8.500 bekannten Schwammarten alle nassen Lebensräume der Erde, von den Küstenregionen bis in die Tiefsee und sogar Flüsse und Seen. Doch nicht nur die Anpassungsfähigkeit macht die Schwämme zu einem spannenden Untersuchungsgegenstand. „Forschungen der jüngsten Vergangenheit haben gezeigt, dass viele Schwämme in Symbiose mit unzähligen, oft noch unbekannten Mikroorganismen leben. Die Vielfalt der Mikroben ist auf den Schwämmen deutlich höher als im umgebenden Wasser“, erklärt Slaby. Die Mikroben produzieren unter anderem Stoffe, die die Wirts-Schwämme vor im Wasser treibenden Krankheitserregern schützen. „Genau da liegt die große Chance. Vielleicht können wir etliche dieser Wirkstoffe auch für menschliche Medizin nutzen, wie beispielsweise für die Behandlung von Krebs- und Infektionserkrankungen“, sagt die Doktorandin.

Doch bevor Krankheiten mit Schwamm-Medikamenten bekämpft werden können, sind noch viel grundsätzlichere Fragen zu klären. Wo leben welche Schwämme? Warum genau dort? Welche Mikroben leben bei ihnen? Wie reagieren sie auf Veränderungen in den Meeren? Im Rahmen des Horizon2020-Programms fördert die EU das Projekt „SponGES“. Es hat sich zum Ziel gesetzt, spezielle Schwammgründe (Sponge Grounds) im Nordatlantik umfassend zu untersuchen. Die Arbeitsgruppe von Ute Hentschel Humeida gehört zu den insgesamt 18 internationalen Partnern. „In der Tiefsee beherrschen Schwämme weite Areale des Meeresbodens. Viele dieser Schwammgründe wurden erst in jüngster Vergangenheit entdeckt. Wir wissen noch viel zu wenig über diese Ökosysteme“, sagt die Arbeitsgruppenleiterin.

Im September und Oktober 2016 hatte Beate Slaby die Gelegenheit, als Teil des SponGES-Projekts an einer Expedition des deutschen Forschungseisbrechers POLARSTERN in die Arktis teilzunehmen. Dabei entdeckte das Team die nördlichsten bisher bekannten Schwammgründe überhaupt. Proben von Schwämmen, die Slaby am Karasik Seamount gewinnen konnte, lagern mittlerweile tiefgefroren in den Laboren des GEOMAR und werden hier genetisch untersucht. „Das Projekt steht – wie eigentlich die gesamte Schwammforschung – noch am Anfang, aber ich bin mir sicher, dass wir in den kommenden Jahren viele spannende Entdeckungen machen werden. Wir kennen, wie bei vielen Tiefsee-Ökosystemen auch, bei den Schwämmen erst die Spitze des Eisbergs“, sagt Professorin Hentschel Humeida.

Weitere Informationen:

Die Arbeitsgruppe Marine Molekulare Mikrobielle Ökologie: www.geomar.de/4353
Das EU-Projekt SponGES:www.deepseasponges.org

 

Mittlerweile lagern die Proben vom Karasik Seamount tiefgekühlt in den Laboren des GEOMAR. Hier stehen sie Beate Slaby für genetische Untersuchungen an den Schwämmen und den auf ihnen lebenden Mikroben zur Verfügung. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Besprechung im Labor: Theresa Kuhl (links) und Beate Slaby (mitte) stimmen mit Prof. Dr. Hentschel Humeida die Analyse der Schwammproben aus der Arktis ab. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Schon früh haben Menschen Schwämme genutzt - vor allem als Badeutensil. Schwammverkäufer waren in griechischen Städten bis in die 1960er Jahre im Straßenbild anzutreffen. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-71382-0004 / Schaar, Helmut / CC-BY-SA 3.0
Schwämme auf dem Karasik Seamount in rund 600 Metern Wassertiefe. Das Bild entstand während der Polarstern-Expediton POS101 im Oktober 2016, bei der die bislang nördlichsten Schwammgründe in der Arktis entdeckt wurden. Foto: OFOS-Team, AWI
Mit einem Kastengreifer stanzen Crewmitglieder der Polarstern ein Stück Meeresboden am Karasik Seamount aus. Foto: Beate Slaby, GEOMAR
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Mittlerweile lagern die Proben vom Karasik Seamount tiefgekühlt in den Laboren des GEOMAR. Hier stehen sie Beate Slaby für genetische Untersuchungen an den Schwämmen und den auf ihnen lebenden Mikroben zur Verfügung. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
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