GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
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Möglicherweise war diese Naturkatastrophe mit verantwortlich für den Niedergang der minoischen Kultur auf Kreta, der ersten Hochkultur auf europäischen Boden. Vulkanisch aktiv ist die südliche Ägäis nach wie vor. Der Grund: Die afrikanische Erdplatte schiebt sich mit einer Geschwindigkeit von rund vier Zentimetern pro Jahr unter die Ägäische Mikroplatte. Doch viele Details dieser Vorgänge sind noch unbekannt. In Zusammenarbeit mit Forschenden der Universität Athen untersuchten Kieler Meeresforscherinnen und Meeresforscher die Geschichte des Vulkanismus rund um die Inselgruppe, um unter anderem mehr über mögliche Gefahren in der Zukunft zu erfahren.
Drei POSEIDON-Expeditionen sollen Geschichte des Vulkanismus in der Ägäis klären
Begonnen haben die Untersuchungen während der ersten dreieinhalbwöchigen Expedition mit grundlegenden Vermessungen des Meeresbodens rund um Santorin sowie innerhalb des Inselrings. Dazu setzte das Team auf der POSEIDON das autonome Unterwasserfahrzeug (AUV) ABYSS ein. Es konnte fast 100 Quadratkilometer auf der Suche nach Spuren früherer tektonischer Aktivität und unterseeischer Vulkanausbrüche kartieren. Dabei erstellte es auch Karten des noch aktiven Unterwasservulkans Kolumbo mit einer bisher nicht erreichten Genauigkeit. Der letzte stärkere Ausbruch des Kolumbo im Jahr 1650 löste einen verheerenden Tsunami aus, der für den Tod von mehr als 70 Menschen auf Santorin sowie Zerstörungen an den Küsten in bis zu 150 Kilometer Entfernung verantwortlich war. „Die Plattentektonik wirkt seit Millionen von Jahren auf die Region ein. Einige der feinen Strukturen, die wir jetzt in den AUV-Karten sehen können, erzählen uns viel über die mögliche zukünftige Entwicklung der Vulkane“, erklärt dazu der wissenschaftliche Fahrtleiter der ersten Expedition, Prof. Dr. Mark Hannington vom GEOMAR.
Das zweite Expeditionsteam unter Leitung von Dr. Jörg Geldmacher vom GEOMAR nutzte in den folgenden drei Wochen unter anderem den ferngesteuerten Tauchroboter ROV PHOCA, um Gesteinsproben aus den steilen Unterwasser-Klippen Santorins zu sammeln. „Die Proben aus den tieferen Schichten erlauben uns die frühe Geschichte der Vulkane und die Entwicklung der Magmen zu verstehen“, erklärt der Fahrtleiter. Erste Indizien deuten darauf hin, dass der breite Sockel, auf dem die heutigen Inseln aufsitzen, anders zusammengesetzt ist, als bisher vermutet wurde. Das könnte auch Abschätzungen über die Größe vergangener Eruptionen noch einmal deutlich verändern. „Mit dem ROV PHOCA konnten wir außerdem hochauflösende Foto-Mosaike der unterseeischen Steilhänge produzieren, aus denen wir jetzt präzise 3D-Modelle berechnen können“, ergänzt Fahrtteilnehmer Dr. Tom Kwasnitschka.
Während der abschließenden Expedition im Mai unter Leitung von Dr. Armin Freundt vom GEOMAR nahm das Team zusätzlich mehr als 40 bis zu 7,5 m lange Kerne von Tiefsee-Sedimenten entlang der Region von Milos über Santorin bis Kos. Die darin enthaltenen Aschelagen liefern Informationen über Häufigkeit und Stärke der hochexplosiven Eruptionen der vergangenen 100.000 Jahre.
Jetzt müssen die gesammelten Daten und Proben detailliert ausgewertet werden. Auf die Ergebnisse warten auch die griechischen Projektpartner ungeduldig. „Diese gemeinsamen Untersuchungen mit den deutschen Kolleginnen und Kollegen helfen uns, das Wissen über die tektonische und vulkanische Aktivität in unserer Region deutlich zu erweitern“, sagt Prof. Dr. Paraskevi Nomikou von der Nationalen und Kapodistrischen Universität Athen, die seit 2010 die griechischen Forschungen in Santorin und Kolumbo leitet. „Naturgefahren sind am GEOMAR ja ein genereller Schwerpunkt und gerade die Risiken im Mittelmeer werden oft unterschätzt. Die Expeditionen vor Santorin sind also auch ein wichtiger Beitrag zu unserem grundlegenden Forschungsprogramm OCEANS“, sagt Dr. Geldmacher, der auch Programm-Koordinator am GEOMAR ist.
Die Expeditionsseite des GEOMAR: www.geomar.de/forschen/expeditionen