GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
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Die erste Studie beschäftigte sich mit marinen Schwämmen, die mit Viren und Bakterien in Symbiose leben. Die Arbeitsgruppe von Professorin Ute Hentschel Humeida konnte im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1182 „Metaorganismen“ an der Uni Kiel nachweisen, dass selbst benachbarte Schwämme, die dasselbe Meerwasser in großen Mengen filtrieren, individuell einzigartige und artspezifische Virusgemeinschaften in sich beherbergen. „Jedes Schwammindividuum hat sein eigenes, einzigartiges Virom, das sich von dem der benachbarten Schwämme unterscheidet“, sagt Martin T. Jahn vom GEOMAR, Erstautor dieser Studie. Eine häufig vorhandene Gruppe von Viren in Schwämmen stattet symbiotische Bakterien sogar mit Proteinen aus, die es den Bakterien ermöglichen, der Immunabwehr des Wirtsschwammes zu entkommen. So kommt die Dreiersymbiose überhaupt erst zustande. Diese besonderen Bakteriophagen sind auch bei anderen Wirten, einschließlich des Menschen, weit verbreitet.
Die zweite Studie beschäftigte sich mit Kragengeißeltierchen, in der Fachsprache Choanoflagellaten genannt. Das sind einzellige Räuber, die im Meer weit verbreitet sind. Sie fressen Bakterien und Kleinalgen. Choanoflagellaten gelten als die nächsten lebenden einzelligen Verwandten von Tieren und können in einen mehrzelligen Zustand übergehen.
Ein Team unter der Leitung von Professorin Alexandra Z. Worden (GEOMAR / Monterey Bay Aquarium Research Institute, MBARI, USA) konnte in mehrjährigen Untersuchungen erste Erkenntnisse über die Interaktion von Choanoflagellaten und Viren gewinnen. Der Arbeitsgruppe gelang es, das Genom eines Riesenvirus in den einzelligen Räubern nachzuweisen. Überraschend waren die Größe des Virus-Genoms, aber auch die vielen Funktionen, die es kodiert.
„Die Arbeiten belegen, dass die Choanoflagellaten, die sich sonst räuberisch von anderen Organismen ernähren, auch das Sonnenlicht als Energiequelle nutzen, wenn sie mit dem Virus infiziert sind“, sagt Professorin Worden. Für beiden Studien kamen neueste Analyse-Technologien zum Einsatz, die bislang nicht gleichzeitig bei der Untersuchung mariner Ökosysteme eingesetzt worden sind. „Zusammen zeigen die beiden Studien, dass wir erst begonnen haben, die Rolle von Viren für marine Ökosysteme, aber auch für das Leben auf der Erde allgemein, zu verstehen“, fasst Professorin Hentschel Humeida zusammen. „Die Stärke dieser beiden Studien“, ergänzt Professorin Worden, „besteht darin, dass sie wichtige neue Merkmale des Wirt-Virus-Verhältnisses im Meer aufgeklärt haben und damit modernste Technologien und Methoden für die Erforschung unkultivierter, aber weit verbreiteter mariner Organismen etablieren.“
Links:
Symbiose als Dreiecksbeziehung: www.geomar.de/n6690
Choanoflagellaten und Viren: www.geomar.de/n6704