GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
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– Gemeinsame Presseerklärung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und Seabed 2030 –
Mindestens zweimal in den letzten 20 Jahren sind Atom-U-Boote mit bisher unbekannten Unterwasserbergen, so genannten Seamounts, zusammengestoßen. Der Grund: Sie waren auf keiner Seekarte verzeichnet. Erst letztes Jahr entdeckte eine Studie 19.000 neue, bisher unbekannte Seeberge. Inzwischen sind rund 43.000 Seamounts mit einer Höhe von über 1.000 Metern bekannt. Die meisten von ihnen wurden jedoch nie kartiert.
Die Kartierung der topographischen Gestalt des Meeresbodens wird Bathymetrie genannt (von den griechischen Wörtern bathýs tief und métron Maß). Und auf den Bathymetriekarten des Weltozeans gibt es noch viele weiße Flecken. Das obige Beispiel veranschaulicht auf dramatische Weise den Bedarf an genauen Unterwasserkarten. Doch die umfassende Kenntnis der Form des Meeresbodens ist in vielerlei Hinsicht wichtig: Sie ist grundlegend für das Verständnis der Meereszirkulation und für Klimamodelle, sie hilft bei der Bewertung von Georisiken wie submarinen Flankenrutschungen an Inseln, bei der Erkundung von Meeresbodenressourcen, und sie bildet die Grundlage für die marine Raumplanung, einschließlich der Abgrenzung von Meeresschutzgebieten.
Bisher wurden nur etwa 25 Prozent des Meeresbodens mit Fächerecholoten von Schiffen aus kartiert. Dies ist die einzige Methode, mit der hochauflösende Meeresbodenkarten erstellt werden können. Eine weitere Methode ist die Satelliten-Altimetrie, bei der die Topographie des Meeresbodens aus gemessenen Abweichungen von der theoretischen idealen Oberfläche der Erde abgeleitet wird. Diese Methode erlaubt eine globale Abdeckung, allerdings mit einer viel gröberen Auflösung von mehreren Kilometern. Deshalb können damit nur großräumige Strukturen identifiziert werden.
„Die schiffsgestützten Kartierungen mit Fächerloten bleiben daher unverzichtbar“, sagt Professor Dr. Lars Rüpke, Leiter der Arbeitsgruppe Meeresbodenmodellierung am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Derzeit setzen wir uns für eine engere Verzahnung von Unterwegs-Daten mit drängenden Forschungsfragen ein.“ So könnten Daten, die auf Transitfahrten der deutschen Forschungsschiffe gewonnenen werden beispielsweise auch zur systematischen Kartierung von Seamounts genutzt werden. Rüpke: „Unsere Vision, eine vollständige und frei zugängliche Karte des gesamten Meeresbodens zu haben teilen wir mit den vielen Forschenden aus aller Welt, die sich im Projekt Seabed 2030 engagieren.“
Im Rahmen der heute beginnenden Ozeandekaden-Konferenz der Vereinten Nationen (United Nations Ocean Decade Conference) in Barcelona haben das GEOMAR und Seabed 2030 nun eine Absichtserklärung unterzeichnet, mit gemeinsamen Anstrengungen die Kartierung des Meeresbodens zu verbessern.
Professorin Dr. Katja Matthes, Direktorin des GEOMAR: „Die internationale Verfügbarkeit von gewonnenen Daten ist die Basis einer erfolgreichen Zusammenarbeit und ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer globalen Karte des Meeresbodens. Die Unterzeichnung dieses Memorandum of Understanding mit Seabed 2030 zeigt das enorme Potenzial, gemeinsam das erklärte Ziel der UN-Ozeandekade zu verfolgen, Meere und Meeresressourcen für eine nachhaltige Entwicklung zu schützen und nachhaltig zu nutzen. Die Expertise des GEOMAR international zu vernetzen und mit der globalen Initiative von Seabed 2030 zu bündeln, ist ein weiterer Meilenstein der internationalen Meeresforschung.“
Jamie McMichael-Phillips, Direktor des Projekts Seabed 2030, sagte: „Ich bin hocherfreut, dass wir mit dem GEOMAR, einer weltweit führenden Einrichtung für Meeresforschung, eine Partnerschaft eingegangen sind. Unser Memorandum of Understanding stärkt die engen Beziehungen zu dessen großem wissenschaftlichen Team und zur weltweit operierenden deutschen Forschungsflotte. Dies wird zweifellos die Seabed2030-Gemeinschaft für globale Meereskartierung stärken und uns bei der Unterstützung der GEBCO-Mission voranbringen.“
Hintergrund Seabed 2030:
Seabed 2030 ist ein gemeinsames Projekt von GEBCO und der Nippon Foundation, das auf der UN-Ozeankonferenz 2017 ins Leben gerufen wurde, um das UN-Ziel 14 für nachhaltige Entwicklung zu unterstützen, das darauf abzielt, die Ozeane und Meeresressourcen für eine nachhaltige Nutzung zu bewahren. Zu diesem Zeitpunkt waren nur etwa sechs Prozent des Meeresbodens mit ausreichender Genauigkeit kartiert. Bis 2030 sollen nun alle verfügbaren Informationen über den Meeresboden gesammelt und in einer nahtlosen digitalen Karte des Weltmeeres zusammengeführt werden. Dafür versammelt Seabed 2030 eine globale Gemeinschaft von Meereskartographen, Hydrographen und anderen Forschenden sowie der Industrie und der Öffentlichkeit. Regierungen, Organisationen und Einzelpersonen auf der ganzen Welt sind aufgerufen, sich dieser gemeinsamen Mission für den globalen Meeresboden bis zum Ende des Jahrzehnts anzuschließen.
Hintergrund GEOMAR:
Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ist eine der weltweit führenden Einrichtungen auf dem Gebiet der Meeresforschung. Das GEOMAR erforscht den globalen Ozean vom Meeresboden bis in die Atmosphäre und deckt dabei ein einzigartiges Spektrum von physikalischen, chemischen, biologischen und geologischen Prozessen im Ozean ab. Seit vergangenem Jahr bündelt die neue Arbeitsgruppe Morphologie des Meeresbodens die Expertise in der Kartierung des Meeresbodens und der auf bathymetrischen Beobachtungen aufbauenden geologischen Forschung. Die Gruppe untersucht die Prozesse, die den Meeresboden formen, und die Rolle, die seine Morphologie im Ozeansystem spielt. Dafür werden Daten von Expeditionen genutzt aber auch Erkenntnisse aus Ozeanbeobachtungen, Gesteinsanalysen, Modellrechnungen und Data Science verknüpft.
Hintergrund „Unterwegs“-Daten
Im Rahmen des EU-Projekts AtlantOS hat das GEOMAR 2015 die systematische Kartierung des Ozeanbodens auf Transitstrecken der großen deutschen Forschungsschiffe in internationalen Gewässern eingeführt. 2019 wurde dieser neue Ansatz im Rahmen des Projekts „Unterwegs“-Forschungsdaten der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) in Deutschland fortgeführt. GEOMAR hat dabei eine koordinierende Rolle. Die gewonnenen Daten werden nach den FAIR-Prinzipien in internationalen Datenzentren verfügbar gemacht.