GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
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Vor der Küste Westafrikas, in einem Auftriebsgebiet im tropischen Atlantik gelegen, bilden die Kapverdischen Inseln den Mittelpunkt eines unserer wichtigsten Lebenserhaltungssysteme. In dem Archipel wird sichtbar, wie der Ozean unser Klima beeinflusst, uns ernährt und Existenzen sichert. Bei einem mehrtägigen Aufenthalt in der Region informierte sich Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, über die Forschung der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft sowie verschiedener Universitäten, die in enger Zusammenarbeit mit Akteur:innen aus der Region stattfindet. Es ist der erste offizielle Staatsbesuch eines deutschen Präsidenten auf Cabo Verde.
„Wir sind sehr stolz, Bundespräsident Steinmeier gemeinsam mit unseren kapverdischen und deutschen Partnern unsere exzellente Forschung und Infrastruktur präsentieren und unsere Vision für die zukünftige Forschung mit ihm teilen zu dürfen. Sein Besuch ist ein Höhepunkt unserer bisherigen Zusammenarbeit, die durch einen regen Austausch und viele wertvolle persönliche Treffen in Cabo Verde und Kiel geprägt ist“, sagt Professorin Dr. Katja Matthes, Direktorin des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Wissenschaftliche Daten aus der Region sind ein wichtiger Baustein für genauere Prognosen zum Klimawandel und dessen Auswirkungen, nicht nur in Westafrika, sondern in aller Welt. Zudem bietet uns der Ozean zahlreiche Möglichkeiten, diesen globalen Herausforderungen zu begegnen und Risiken zu minimieren. Deshalb engagieren sich Forschungseinrichtungen aus vielen Ländern Hand in Hand mit regionalen Akteur:innen in Cabo Verde.“
Als führender deutscher Partner in der meereswissenschaftlichen Kooperation blickt das GEOMAR auf eine fast 20 Jahre währende Zusammenarbeit mit Wissenschaft, Politik und der Gesellschaft in Cabo Verde zurück. Gemeinsam mit dem Instituto do Mar (IMar) und mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gründete das GEOMAR 2017 auf der Kapverden-Insel São Vicente das Ocean Science Centre Mindelo (OSCM) als zentrale Plattform für Feldforschung, Wissensaustausch und Logistik.
Von der Bedeutsamkeit des OSCM für die regionale, nationale und internationale Forschung überzeugte sich Bundespräsident Steinmeier bei einem Rundgang mit José Maria Neves, Präsident der Republik Cabo Verde. Er lernte die Infrastruktur des OSCM kennen und informierte sich über die etwa 100 Kilometer vor den Inseln gelegene Mess-Station Cape Verde Ocean Observatory (CVOO) sowie über die Forschung des IMar und der Universidade Técnica do Atlântico (UTA).
Außerdem trafen die hohen Besucher am OSCM Graduierte des vom BMBF im Rahmen des West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Land Use (WASCAL) geförderten Masterprogramms „Climate Change and Marine Sciences“. Das Studienangebot für junge Menschen aus zwölf westafrikanischen Ländern wird in enger Kooperation zwischen dem GEOMAR, der UTA und dem OSCM realisiert. Es enthält Vorlesungen, Labor- und Feldarbeiten sowie eine Ausbildung auf See: die WASCAL Floating University. Internationale Forschung und akademische Ausbildung gehen hier Hand in Hand – ein Ansatz der Studierenden diverse Möglichkeiten für ihre zukünftigen Karrierewege in der Region bietet. WASCAL Cabo Verde ist ein offizielles Projekt der Dekade der Meeresforschung für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.
In den kommenden Jahren wird ein vom GEOMAR initiiertes Projektvorhaben weitere Forschungseinrichtungen in Westafrika zusammenführen: Das internationale Großprojekt „Die Zukunft der tropischen Auftriebsgebiete im Atlantischen Ozean“ (Future of Tropical Upwelling Regions in the Atlantic Ocean, FUTURO) soll untersuchen, wie sich das natürliche und für Westafrikas Bevölkerung äußerst wichtige Auftriebsgebiet vor Westafrika im Zuge des Klimawandels entwickeln wird und wie diese biologisch besonders produktive und artenreiche Region geschützt und nachhaltig bewirtschaftet werden kann. Dabei werden auch Gesundheits- und Krankheitsprozesse im Meer erforscht, die grundlegend für Nahrungsmittelsicherheit und andere wichtige Funktionen des Ozeans sind.
„Küstenauftriebsgebiete wie das vor Westafrika machen weniger als ein Prozent der Ozeanfläche aus, liefern dabei aber fünf Prozent der biologischen Produktivität und zwanzig Prozent der Fischereierträge des Weltozeans. Fisch trägt in Westafrika maßgeblich zur Ernährungssicherheit bei und deckt etwa 60 Prozent des tierischen Proteinbedarfs in einigen Ländern. Gleichzeitig sind diese Regionen in vielfältiger Weise durch den globalen Wandel bedroht“, erklärt Professor Dr. Arne Körtzinger, wissenschaftlicher Direktor des OSCM und Koordinator von FUTURO. „Angesichts dieser gewaltigen Bedeutung und der zu erwartenden Veränderungen soll das internationale Großexperiment FUTURO das erforderliche Systemverständnis und eine Basis für eine nachhaltige Nutzung und Schutz des Küstenauftriebsgebiets liefern. Kern dieses Experiments ist zum einen die enge Zusammenarbeit mit internationalen Wissenschaftler:innen vor allem aus Westafrika und zum anderen ein konzertierter Einsatz mehrerer internationaler Forschungsschiffe und einer Vielzahl autonomer Beobachtungsplattformen.“
„Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit – jenseits von Kontinenten und politischen Systemen. Welche verheerenden Folgen dieser haben kann, sehen wir gerade im globalen Süden, wo Mensch und Umwelt unter den Auswirkungen klimatischer Veränderungen besonders leiden. Dem Klimawandel konsequent entgegentreten können wir nur zusammen mit starken Partnern – lokal und international“, sagt Professor Dr. Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft. „Mit der geplanten internationalen FUTURO-Mission gewinnt das GEOMAR vor der Nordwestküste Afrikas künftig wichtige Erkenntnisse, die dazu beitragen werden den Klimawandel besser zu verstehen und innovative Lösungsstrategien zu entwickeln. Sie ist auch ein eindrückliches Beispiel für die strategische Zusammenarbeit mit Partnern aus Afrika.“
Auch die Beobachtungsplattform auf dem Dach des OSCM, die helfen wird, Ozean- und Atmosphärenforschung stärker zu verbinden, besichtigte der Bundespräsident. Hier sind neue Fernerkundungsgeräte installiert, die die Atmosphäre per Laser und Radar untersuchen. Sie sind Teil des Cape Verde Atmospheric Observatory (CVAO), das die beiden Präsidenten vor dem OSCM besucht hatten, um dort den Grundstein für ein neues Laborgebäude zu legen. Diese Investitionen sind Teil des vom BMBF finanzierten Forschungsinfrastrukturvorhaben ACTRIS-D unter Leitung des Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig. Dabei handelt es sich um einen weiteren wichtigen Baustein für die Forschung im Klimasystem. Die Atmosphärenstation CVAO wird von einem Konsortium aus dem kapverdischen Institut für Meteorologie und Geophysik (INMG), dem TROPOS, dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena und der Universität York in Großbritannien und betrieben.
„Mit dem gelungenen Besuchsprogramm haben wir die gesamte Bandbreite unserer GEOMAR-Forschung zum Ozean und Klimasystem abgebildet“, urteilt Professorin Dr. Katja Matthes. „Das Interesse und die Förderung durch unsere Bundesregierung bestärkt uns und unsere Partner vor Ort darin, unsere Pläne für die zukünftige Forschung weiter mit Enthusiasmus zu verfolgen und durch unsere Arbeit zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung des Ozeans etwa als Nahrungsquelle oder als Partner im Kampf gegen den Klimawandel beizutragen.“ Von den zukünftigen Aktivitäten und der engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft profitieren auch die Missionen der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM), die Professorin Dr. Katja Matthes als Vorstandsmitglied beim Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ebenfalls vertrat.