Ein Ozeanboden-Seismometer wird ins Wasser gelassen: Die Messgeräte zeichnen seismische Aktivitäten am Meeresboden über längere Zeiträume auf. Foto: Jan Steffen, GEOMAR

Beispiel einer ozeanischen Transformstörung: Die Atlantis II-Bruchzone im südwestlichen Indischen Ozean mit Zoom auf die nördliche Ecke. Deutlich ist die größere Wassertiefe im Transformtal zu erkennen. Im Zuge der Plattenbewegung füllt Magmatismus in den Ecken die tiefen Transformtäler wieder auf, so dass die anschließenden Bruchzonen wieder flacher werden. Grafik: Christoph Kersten/GEOMAR nach Grevemeyer et al. 2021

Ein neues Kapitel in der Erforschung der Plattentektonik

Die zweite von sechs geplanten TRANSFORMERS-Expeditionen ist unterwegs

11.10.2024/Kiel. Mit der METEOR-Ausfahrt M204 hat die zweite von sechs Expeditionen im Rahmen des Projekts TRANSFORMERS begonnen. Unter der Leitung von Professor Dr. Ingo Grevemeyer vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel untersucht das Forschungsteam die Oceanographer Transform-Verwerfungszone südwestlich der Azoren. Ziel der Expedition ist es, neue Erkenntnisse über die seismische Aktivität und die geologischen Prozesse an dieser bislang wenig erforschten Plattengrenze zu gewinnen.

Die Oberfläche unseres Planeten ist geprägt von großen tektonischen Platten, die sich langsam auseinander-, aufeinander zu oder aneinander vorbei bewegen. In der Ozeanforschung standen bisher die ersten beiden Arten von Plattengrenzen im Mittelpunkt: die mittelozeanischen Rücken, an denen neuer Ozeanboden entsteht, und die Subduktionszonen, an denen Erdkruste ins Erdinnere abtaucht. Der dritte Typ, die ozeanischen Transformstörungen (auch Verwerfungen oder Blattverschiebungen genannt), an denen sich zwei tektonische Platten seitlich aneinander vorbeibewegen, galt bisher als weniger bedeutsam. Auch an diesen Grenzen können sich Spannungen aufbauen, die sich in Erdbeben entladen. Allerdings weisen Transformstörungen nur etwa 15 Prozent der theoretisch erwarteten Erdbebenrate auf. Warum dort weniger Beben auftreten als anzunehmen wäre, ist eine offene Frage in der Erforschung ozeanischer Transformstörungen.

Bedeutung ozeanischer Transformstörungen

Die Geodynamik von Transformstörungen steht im Mittelpunkt der METEOR-Expedition M204. Das Untersuchungsgebiet liegt südwestlich der Azoren im Nordatlantik: die Oceanographer Transform-Verwerfungszone. Ziel ist es, neue Erkenntnisse über die Bebenaktivität und die Krustenbildung entlang dieser Verwerfung zu gewinnen. „Bisher galten Transformstörungen als konservative Plattengrenzen, weil dort weder neuer Meeresboden entsteht noch konsumiert wird“, erklärt Fahrtleiter Professor Dr. Ingo Grevemeyer, Meeresgeologe am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Neueste Forschungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass diese Strukturen mehr sind – sie könnten aktiv zur Bildung neuer Kruste beitragen und komplexere geologische Prozesse beinhalten, als bisher angenommen.“

Im Zentrum der Expedition stehen zwei Hauptfragen: Erstens, warum entstehen entlang von Transformstörungen tiefe Täler, wenn die Spreizungsrate – also die Geschwindigkeit, mit der sich die Platten gegeneinander bewegen – gering ist? Kann die postulierte Dehnung (Extension) durch Erdbebenprozesse nachgezeichnet werden? Zweitens, warum sind Transformations-Täler tiefer als benachbarte Bruchzonen? Könnte dies auf zusätzliche magmatische Aktivität hinweisen, bevor die Transformstörungen in inaktive Bruchzonen übergehen?

Langzeitmessungen und geophysikalische Untersuchungen

Um die Fragen zu beantworten, wurde bereits vor einem Jahr während der Expedition MSM122 des Forschungsschiffes MARIA S. MERIAN Ozeanboden-Seismometer und geodätische Stationen auf dem Meeresboden installiert. Diese werden nun im Rahmen der Expedition M204 geborgen. Die Messgeräte haben ein Jahr lang die seismische Aktivität der Verwerfungszone aufgezeichnet, was Rückschlüsse auf die tektonischen Spannungen in diesem Gebiet zulässt. Ergänzend werden geothermische und magnetische Messungen durchgeführt, um die genaue Struktur und Aktivität dieser seismisch aktiven Störung zu erfassen.

Die Expedition ist die zweite in einer Reihe von sechs Forschungsfahrten im Rahmen des Projekts „Transformers“, das vom Europäischen Forschungsrat mit 2,8 Millionen Euro gefördert wird. Darin arbeitet ein Team von Forschenden unter der Leitung von Prof. Dr. Grevemeyer über fünf Jahre daran, das Konzept der ozeanischen Transformstörungen zu überprüfen und die Theorie der Plattentektonik zu aktualisieren.

 

Expedition auf einen Blick:

Name: METEOR-Expedition M204 TRANSFORMERS

Leitung: Prof. Dr. Ingo Grevemeyer

Zeitraum: 27. September 2024 bis 20. Oktober 2024 

Start: Bridgetown (Barbados)

Ende: Las Palmas (Spanien)

Fahrtgebiet: Mittelatlantischer Rücken

Eine kleine Plattform mit orangefarbenen Zylindern schlägt spritzend auf die Meeresoberfläche auf

Ein Ozeanboden-Seismometer wird ins Wasser gelassen: Die Messgeräte zeichnen seismische Aktivitäten am Meeresboden über längere Zeiträume auf. Foto: Jan Steffen, GEOMAR

Karte mit verschiedenfarbigen Flächen

Beispiel einer ozeanischen Transformstörung: Die Atlantis II-Bruchzone im südwestlichen Indischen Ozean mit Zoom auf die nördliche Ecke. Deutlich ist die größere Wassertiefe im Transformtal zu erkennen. Im Zuge der Plattenbewegung füllt Magmatismus in den Ecken die tiefen Transformtäler wieder auf, so dass die anschließenden Bruchzonen wieder flacher werden. Grafik: Christoph Kersten/GEOMAR nach Grevemeyer et al. 2021

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