Phytoplanktonblüte im Nordpazifik, aufgenommen vom Satelliten MODIS Aqua. Foto: LANCE/EOSDIS Rapid Response Team, NASA

Das Forschungsschiff SONNE im Hafen von Manzanillo, Mexiko, am Ende der Forschungsfahrt SO267/2. Foto: Tom Browning, GEOMAR

Radiometer am Bug des Forschungsschiffs SONNE während der Forschungsfahrt SO267/2. Foto: Daniela Voss und Shungudzemwoyo Garaba, ICBM

Unter spurenmetall-reinen Bedingungen werden im Labor an Bord des Forschungsschiffs SONNE Proben für die Bestimmung der Eisenkonzentration im Meerwasser gewonnen. Foto: Tom Browning, GEOMAR
 

Wie sich die Produktivität des Ozeans aus dem Weltraum beobachten lässt

Nature-Publikation beschreibt einen neuartigen Ansatz zur Beobachtung der Nährstoff-Limitierung im Ozean mit Hilfe der Satelliten-Fernerkundung

16.08.2023/Kiel. Satelliten-Fernerkundung kann helfen, die Nährstoff-Limitierung im Ozean zu beobachten und zu verstehen, wie sie die Produktivität des Phytoplanktons beeinflusst. Diese winzigen marinen Pflanzen bilden die Basis des Lebens im Meer und sind der Schlüssel zu wichtigen Funktionen des Ozeans wie der Klimaregulierung. In einem heute in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Artikel beschreibt ein internationales Team von Expert:innen unter der Leitung von Dr. Thomas Browning vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel diesen neuartigen Ansatz. Er trägt auch dazu bei, biogeochemische Modelle zu verbessern und zukünftige Auswirkungen des Klimawandels besser vorherzusagen.

Winzige marine Pflanzen – das Phytoplankton – bilden die Grundlage des Lebens im Ozean. Sie tragen zur Kontrolle der Konzentrationen von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre und damit zur Regulierung unseres Klimas bei. Um zu gedeihen, sind sie auf Sonnenlicht und Nährstoffe angewiesen. Hierzu zählen auch Elemente wie Eisen oder Stickstoff, die durch Strömungen und Auftrieb an die Meeresoberfläche gelangen können.

Um Nährstoffgrenzen für die Existenz des Phytoplanktons im Ozean zu verstehen, nutzen Wissenschaftler:innen üblicherweise Experimente auf Schiffsexpeditionen. Diese erfassen jedoch stets nur einen winzigen Teil des Ozeans zu einem bestimmten Zeitpunkt. Daher testete ein internationales Team von Forschenden, ob ein von Satelliten im Weltraum aufgenommenes Signal zur Beobachtung der Nährstoffbegrenzung genutzt werden kann – und so innerhalb weniger Tage der gesamte Ozean abgedeckt. Zu diesem Zweck untersuchten sie, ob die von Satelliten aufgezeichnete Fluoreszenz von Phytoplankton im äquatorialen Pazifik Informationen über die Nährstoffbegrenzung des Phytoplanktons liefert. Die Beobachtungen wurden auf der Expedition SO267/2 mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE im Jahr 2019 durchgeführt. In dieser Ozeanregion variieren die Nährstoffverfügbarkeit und die Produktivität des Phytoplanktons aufgrund der Klimaschwankung des El Niño Southern Oscillation-Phänomens (ENSO) auf natürliche Weise. Die Ergebnisse werden heute in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

„Obwohl Satelliten seit zwei Jahrzehnten Fluoreszenz messen, wissen wir noch nicht, wie wir diese richtig interpretieren können“, sagt Dr. Thomas Browning. Der Meeresbiologe und Chemiker am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ist koordinierender Autor der Nature-Publikation und Gruppenleiter von „Ocean Glow“. Das vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) geförderte Projekt zielt darauf ab, neue Ansätze zu entwickeln, um anhand von Satellitenbeobachtungen zu ermitteln, welche Nährstoffe das Phytoplanktonwachstum begrenzen.

Während der SONNE-Expedition 2019 nutzten die Forschenden Experimente und Analysen von Phytoplankton-Proteinen, um nachzuvollziehen, welche Nährstoffe das Phytoplanktonwachstum limitieren. Außerdem werteten sie Schwankungen in der Fluoreszenz des Phytoplanktons aus – vom Phytoplankton ausgestrahltes rotes Licht, das durch die Nährstoffe reguliert wird, welche das Wachstum begrenzen. Insbesondere produziert das Phytoplankton bei Eisenlimitierung Pigment-Protein-Komplexe, die stark fluoreszieren, während dies bei Stickstofflimitierung nicht der Fall ist. Darüber hinaus nahmen die Forschenden optische Messungen wie die der MODIS-Satelliten der NASA vor – jedoch mit Instrumenten, die an der Vorderseite des Schiffs angebracht waren und auf die Meeresoberfläche blickten. Diese Felddaten verglichen sie dann mit Satellitendaten, um historische Trends der Nährstoffbegrenzung im äquatorialen Pazifik seit Beginn der Satellitenbeobachtungen vor zwei Jahrzehnten zu bewerten.

„Wir fanden heraus, dass die Existenz des Phytoplanktons entweder durch Eisen oder durch Stickstoff limitiert ist, was zu sehr unterschiedlichen Eigenschaften in der Fluoreszenz des Phytoplanktons führt, die von Satelliten erfasst werden. Wir fanden auch heraus, dass die Intensität der Eisenbegrenzung die Fluoreszenzsignale beeinflusst: Eine stärkere Eisenbegrenzung führte zu mehr Fluoreszenz“, fasst Dr. Browning zusammen. Die Fluoreszenz-Beobachtungen der Satelliten variierten in einer Weise, die dem Eisenangebot entsprach, das im Laufe der ENSO-Zyklen aus tieferen Gewässern aufstieg.

Ein Vergleich dieser Beobachtungen mit Vorhersagen eines globalen biogeochemischen Modells ergab einen auffälligen Unterschied: Zwar waren die Veränderungen in der Eisenbegrenzung über mehrere Zyklen hinweg mit der ENSO-Dynamik kohärent. Doch das Modell überschätzte die Auswirkungen der Eisenbeschränkung im Phytoplankton im Gegensatz zu den Feldbeobachtungen um das Doppelte. Folglich können synoptische Beobachtungen der Nährstoffbegrenzung durch Satelliten der Schlüssel zur Validierung und Verbesserung solcher Modelle sein – und Vorhersagen künftiger Auswirkungen des Klimawandels auf die Ökosysteme im Ozean verbessern.

„Diese ersten Ergebnisse zeigen, wie Satellitenbeobachtungen uns helfen können, die Auswirkungen der Nährstoffbegrenzung auf das Phytoplankton und seine wichtige Rolle im globalen Ozean und in unserem Klimasystem zu bewerten“, betont Dr. Browning. „Unsere Studie konzentrierte sich jedoch auf den äquatorialen Pazifik. Im Rahmen des neuen ERC-Projekts ‚Ocean Glow‘ wollen wir dies für alle Regionen des Ozeans in viel robusterer Weise validieren.“

Original-Publikation:

Browning, T.J., Saito, M.A., Garaba, S.P, Wang, X., Achterberg, E.P., Moore, M., Engel, A., Mcllvin, M.R., Moran, D., Voss, D., Zielinski, O., Tagliabue, A. (2023): Persistent equatorial Pacific iron limitation under ENSO forcing. Nature, doi: https://doi.org/10.1038/s41586-023-06439-0

Projekt-Förderung:

Die Forschung wurde größtenteils durch die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekte „Eq-Pac co-limitation“ und „OceanLight“ ermöglicht.

Hintergrund: „Ocean Glow“

Das kürzlich gestartete Projekt "Ocean Glow" zielt darauf ab, das Potenzial für die globale Beobachtung der Nährstoff-Begrenzung im Ozean mit Hilfe von satellitengestützten Phytoplankton-Fluoreszenzsignalen zu untersuchen. Es wird von Dr. Thomas Browning, Meeresbiologe und Chemiker am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Deutschland), geleitet und durch einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) in Höhe von 1,5 Millionen Euro unterstützt.

Phytoplanktonblüte im Nordpazifik, aufgenommen vom Satelliten MODIS Aqua. Foto: LANCE/EOSDIS Rapid Response Team, NASA

Phytoplanktonblüte im Nordpazifik, aufgenommen vom Satelliten MODIS Aqua. Foto: LANCE/EOSDIS Rapid Response Team, NASA

Das Forschungsschiff SONNE im Hafen von Manzanillo, Mexiko,

Das Forschungsschiff SONNE im Hafen von Manzanillo, Mexiko, am Ende der Forschungsfahrt SO267/2. Foto: Tom Browning, GEOMAR

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Radiometer am Bug des Forschungsschiffs SONNE während der Forschungsfahrt SO267/2. Foto: Daniela Voss und Shungudzemwoyo Garaba, ICBM

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Unter spurenmetall-reinen Bedingungen werden im Labor an Bord des Forschungsschiffs SONNE Proben für die Bestimmung der Eisenkonzentration im Meerwasser gewonnen. Foto: Tom Browning, GEOMAR
 

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