Wechselwirkungen Ozean-Atmosphäre

Die Grenzfläche zwischen Luft und Meer macht mehr als 70 % der Erdoberfläche aus. Noch immer fehlt es an Wissen über die physikalischen und biogeochemischen Wechselwirkungen und Rückkopplungen entlang dieser riesigen Grenzfläche, die die Folgen der anthropogenen Treibhausgasemissionen und der Klimaerwärmung abmildern und verändern können. Diese Wissenslücken wurden im IPCC 2013 identifiziert und im globalen Aktionsplan der Surface Ocean-Lower Atmosphere Study (SOLAS)-Gemeinschaft (SOLAS 2015-2025: Science Plan and Organization, Brévière, 2015) umgesetzt, in dem z. B. die Kontrolle des Luft-See-Gasaustauschs von Treibhausgasen und die Identifizierung von Rückkopplungsschleifen zwischen Ozean und Atmosphäre als dringende Fragen angesprochen werden. Dazu gehört auch das Verständnis 1) der Quellen und der Dynamik oberflächenaktiver Stoffe (SA), die den Gasaustausch behindern, und 2) der Produktion und Emission primärer und sekundärer biogener Aerosole, die zur Wolkenbildung führen und damit Veränderungen im Strahlungshaushalt der Erde bewirken. Was diese Fragen zu einer besonderen Herausforderung macht, ist die ihnen innewohnende Interdisziplinarität und Komplexität. Großräumige Phänomene wie Wolkenbildung und Klimaerwärmung können ihren Ursprung in lokalen und vorübergehenden (kleinräumigen) biogeochemischen Dynamiken haben. Darüber hinaus erfordern diese Fragen Studien in kontrastreichen Regionen, von unberührten ozeanischen Regionen in der südlichen Hemisphäre zur Untersuchung der Wolkenbildung bis hin zu Küstenregionen, in denen Tiefwasserauftrieb und flache Meere die Richtung und das Ausmaß der Treibhausgasflüsse bestimmen. In Zusammenarbeit mit mehreren internationalen Partnern, die auch die chemischen und physikalischen Messungen in der Atmosphäre ergänzen, wollen wir diese biogeochemischen Wechselwirkungen besser verstehen, indem wir uns auf die obere Schicht des Ozeans konzentrieren.

1) Im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe BASS (2022-2026) untersucht unsere Doktorandin Josefine Karnatz, wie unterschiedliche Phytoplankton-Gemeinschaften in der Ost- und Nordsee die Konzentration und Zusammensetzung von organischer Substanz und SA in der obersten Schicht des Ozeans, der so genannten 'sea surface microlayer' (SML), beeinflussen. Daten aus verschiedenen Forschungskampagnen, z.B. einer Mesokosmenstudie in der SURF-Anlage des ICBM in Wilhelmshaven oder der CenBASE-Fahrt, werden zusammengefasst. 

2) Im Jahr 2023 nimmt Dr. Theresa Barthelmeß an einer Antarktis-Forschungsfahrt (POLAR CHANGE) teil, die vom Institute de Ciències del Mar, Barcelona, initiiert wurde. Dieses Projekt konzentriert sich auf die Klärung des Einflusses von Phytoplanktongemeinschaften auf die primäre und sekundäre Aerosolbildung in der Meereisrandzone des Weddellmeeres.

Im vergangenen Projekt SEA2CLOUD (2020) untersuchte Dr. Theresa Barthelmeß die kurzfristige Dynamik der organischen Substanz an der Oberfläche des Südwestpazifiks. Begleitende Daten deuteten auf eine übersehene bedeutende Quelle im Oberflächenozean hin, die sekundäre Aerosolbildung auf der Grundlage stickstoffhaltiger Vorläuferstoffe auslöst (Chamba et al., 2023). Mit Hilfe der flexiblen GEOMAR-Mittel werden wir unsere Arbeit an der sekundären Aerosolbildung und ihren biogenen Quellenmechanismen in Zusammenarbeit mit Dr. Karine Sellegri, ihrem Team (Université Clermont Auvergne, CNRS, Laboratoire de Météorologie Physique) und Kollegen vom GEOMAR (FB2/CH und FB1/PO) fortsetzen.