Mikrobiell gesteuerte Prozesse in Häfen und Wasserstraßen

Die anthropogene Nutzung von Wasserstraßen, die zu Häfen und von diesen weg führen, ist mit intensiven Unterhaltungsmaßnahmen an den Fahrrinnen verbunden. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Maßnahmen ist der Abtransport von sedimentiertem Material, das entweder in andere Teile der Gewässer oder an Land verbracht wird.  Zusammen mit Kollegen von der TU Delft, Niederlande (Prof. Dr. Julia Gebert, Dept. Geoscience & Engineering) untersuchen wir am Beispiel des Hamburger Hafens und des Seehafens Emden die Bedeutung von Mikroorganismen und deren Stoffwechselaktivität im Zusammenhang mit verschiedenen Unterhaltungsstrategien der Fahrrinne.

Der Hamburger Hafen (Projekt BIOMUD)

Aufgrund des Vorhandenseins von abbaubarer organischen Substanzen, reduzierten anorganischen Verbindungen (z.B. NH4+, Mn2+, Fe2+) und begrenzten Sauerstoffdiffusionsraten entwickeln sich in feinkörnigen Sedimenten, die sich in Niedrigwasserbereichen an der Flusssohle absetzen, schnell reduzierende Bedingungen. Unter diesen reduzierenden Bedingungen führt der mikrobiell vermittelte Abbau der organischen Substanz im Sediment (SOM) zu einer Gasproduktion (z.B. Methan, Kohlendioxid). Aufgrund der Variabilität der SOM-Zusammensetzung und damit der Abbaubarkeit variiert der Grad der Gasproduktion in Raum und Zeit. Der Abbau von SOM und die damit verbundene Gasbildung kann eine Reihe von Problemen mit sich bringen, wie z. B. Änderungen der Sedimentdichte, Viskosität, Scherfestigkeit und Rheologie. Dies wiederum spiegelt sich in einer verzögerten Sedimentkonsolidierung, Anfälligkeit der Sedimentkonstruktionen gegenüber Erosion und Bodensenkungen wider. Die Produktion von Gasblasen kann die schalltechnische Tiefenortung behindern. Außerdem ist bekannt, dass Methan stark zur globalen Erderwärmung beiträgt. Die Resuspension von potentiellen sedimentgebundenen Verunreinigungen kann ein weiteres Problem darstellen. In dieser Studie untersuchen wir den Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft und der Abbaubarkeit und Umsatzrate von SOM. Diese Erkenntnisse liefern die Grundlage für gezielte Änderungen spezifischer Pflegemaßnahmen. Die mikrobiologische Studie ist ein Teilprojekt von BIOMUD (Leitung: Prof. Dr. Julia Gebert, TU Delft) innerhalb des Sedimentforschungsnetzwerks MUDNET.

Der Seehafen Emden (Projekt Emden FM)

Der Seehafen Emden vermeidet die kostenintensive Umlagerung von Schlamm in den Wasserstraßen nach dem Ausbaggern. Stattdessen werden die Sedimente durch den Schleppsaugbagger (TSHD) zirkuliert und wieder ins Wasser abgegeben. Dadurch entsteht eine gut belüftete, flüssige Schlammschicht, in der Schiffe navigieren, segeln und manövrieren können. Mögliche Erhöhungen des Abflusses von Süßwasser aus dem Hinterland, die als Folge des Klimawandels prognostiziert werden, können dieses gut funktionierende System jedoch verändern. In diesem Projekt werden die TU Delft (Leitung: Prof. Dr. Julia Gebert), Deltares, GEOMAR und die Universität Hamburg Mesokosmen-Experimente durchführen, um zu untersuchen, ob und wie die mikrobielle Gemeinschaft und ihre Aktivität sowie die rheologischen Parameter des Sediments und die Abbaubarkeit organischer Stoffe im Seehafen durch die voraussichtlichen Veränderungen der Hinterlandwassereinleitung in den Hafen beeinflusst werden. Am Ende des Projektes wird eine Empfehlung an die niedersächsischen Häfen zu zukünftigen Sediment- und Wassermanagementstrategien gegeben, da diese im Mittelpunkt des laufenden EU INTERREG Projektes NON-STOP im Emder Hafen stehen.

Kontaktpersonen

Prof. Dr. Mirjam Perner (mperner(at)geomar.de)
Dr. Stefanie Böhnke-Brandt (sboehnke-brandt(at)geomar.de)