Die wichtigsten geologischen Fragestellungen des Forschungsvorhabens SO193 MANIHIKI waren im Einzelnen:
(1) Wie verlief die zeitliche Entwicklung des Manihiki Plateaus? Bildete sich das Plateau innerhalb weniger Millionen Jahre (entsprechend der „klassischen“ Modellvorstellung zur Bildung Large Igneous Provinces [LIPs]) oder in einem wesentlich größeren Zeitraum oder in mehreren Phasen? Entstand zumindest der Großteil des Plateaus während des „Greater Ontong Java Plateau Events“?
(2) Was ist der Ursprung des Manihiki Plateaus bzw. warum kam es zu derartig starken Vulkanismus und was sind dessen Quellen (tiefe Plumequellen, flache asthenosphärische Quellen oder Interaktion zwischen tiefen und flachen Quellen; s.a. Plattentektonik und Manteldynamik)?
(3) Wie homogen bzw. heterogen ist die Manihiki LIP aufgebaut bzw. welche Spannbreite hat ihre geochemische Zusammensetzung? Gab es mehrere magmatische Phasen mit unterschiedlichem Chemismus während ihrer Entwicklung und, falls ja, wie lassen sich diese mit der Entwicklung der Hikurangi und Ontong Java LIPs vergleichen?
(4) Unter welchen Bedingungen ereignete sich die vulkanische Aktivität am Manihiki Plateau? Fand sie überwiegend an Land oder im Flachwasser statt (wie dies frührere Untersuchungen zumindest für einige Bereiche des Plateaus andeuten)? Wenn ja, wie verlief die Absenkungsgeschichte des Plateaus nach seiner Bildung?
(5) Gibt es am Manihiki Plateau Beweise dafür, dass dies einst mit dem Hikurangi Plateau zusammengehörte und, wenn ja, wann ist dieses Paläo-Plateau auseinandergebrochen?
Durch Beantwortung dieser Fragen konnte, unter Einbeziehung der von den Manihiki, Hikurangi und Ontong Java Plateaus bereits vorliegenden Daten, ein umfassendes Modell zum Ursprung und zur strukturellen, magmatischen und zeitlichen Entwicklung des Manihiki Plateaus erarbeitet werden. Dadurch wurde zum einen ein Beitrag zu einem besseren Verständnis der Entstehung von LIPs und zur Rekonstruktion der geodynamischen Entwicklung des Südwestpazifik geleistet. Zum anderen haben wir aber auch neue Informationen darüber erhalten, ob das Manihiki Plateau möglicherweise nur einen Teil der Produkte eines sehr viel größeren Ereignisses repräsentiert und somit eventuell auf ein kretazisches “Mega-Event” mit enorm hohen Magmenproduktionsraten zurückzuführen ist. Ein solches Ereignis hätte nicht nur gewaltige Auswirkungen auf die Hydrosphäre und Athmosphäre und damit auf die Paläoumwelt gehabt, sondern möglicherweise auch eine erhebliche Bedeutung für den Massen und Energietransfer zwischen Erdmantel und Lithosphäre, insbesondere aber für den Wärmehaushalt bzw. Wärmefluss im Erdinneren. Der Vulkanismus, der zur Bildung dieser Plateaus führte, muss jedoch in jedem Fall einen signifikanten Einfluß auf die Meereströmungen im Südwestpazifik, die chemische Zusammensetzung und Temperatur des Meerwassers und des darin befindlichen Lebens gehabt haben, selbst dann wenn sie getrennt und nicht infolge eines einzigen “Mega”-Ereignisses entstanden sind.
Die Erforschung von LIPs besitzt aber auch umwelt- und gesellschaftspolitische sowie wirtschaftliche Relevanz, da z.B. die mit ihrer Bildung assozierten magmatischen Prozesse ursächlich für submarine Vulkanausbrüche und Fluidaustritte waren bzw. sind, die wiederum einen erheblichen Einfluss auf chemische und physikalische Eigenschaften des Meerwassers haben. Um deren Bedeutung und Folgen für die (marine) Umwelt besser zu erfassen, ist die Kenntnis der der vulkanischen Aktivität zugrundeliegenden Prozesse essentiell.
Weiterhin wurden im Rahmen von MANIHIKI die Diversität und Verteilungsmuster der marinen Tiefsee-Fauna im Gebiet des Manihiki Plateaus untersucht. Das Manihiki Plateau ist ein pazifischer Archipel-Lebensraum, der möglicherweise ein Artenbildungszentrum darstellt. Derartige Zentren der Speziation beeinflussen angeblich die Biodiversität anderer Regionen (z.B. des Indo-West-Pazifik) durch Verdriftung der Arten mit Hilfe der vorherschenden Meeresströmungen. Ziel der Untersuchungen war es, den eigenständigen Charakter des Manihiki Plateaus zu überpüfen, der sich durch einen hohen Endemismusgrad der Fauna auszeichnen sollte. Zudem stellte sich die Frage nach möglichen Übereinstimmungen insbesondere des wenig dispersiven Meiobenthos des Manihiki Plateaus mit demjenigen des Hikurangi Plateaus, das während SO168 intensiv beprobt wurde. Die Morphologie des Manihiki Plateaus zeigt eine deutliche Vertikalzonierung, die sich ebenfalls in der Faunenzusammensetzung widerspiegeln sollte, wobei die Seamounts des Plateaus und der umliegenden ozeanischen Kruste ihrerseits eine durch Endemismus geprägte Artendiversität haben sollten. Eine intensive Beprobung des Untersuchungsgebietes und die nachgeschaltete Analyse der Faunenzusammensetzung ist geeignet, ein umfassendes Bild der Biodiversität des Manihiki Plateaus zu erstellen. Dieses ist die Grundlage für Hypothesen zur biogeographischen Verteilung der Organismen im Pazifik und speziell zur Funktion des Manihiki Plateaus als möglichem 'centre of origin' für die Faunen anderer Bereiche des Pazifiks. Porifera, Bryozoa, Brachiopoda (Macrofauna), Kinorhyncha und Loricifera (Meiofauna) dienen aufgrund der zu erwartenden hohen Ausbeute als Schlüsselgruppen.