Submarine Gashydrat-Lagerstätten: Erkundung, Abbau und Transport
Das SUGAR-Projekt (Submarine Gashydrat-Lagerstätten: Erkundung, Abbau und Transport) wurde im Sommer 2008 von den Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und für Bildung und Forschung (BMBF) bewilligt. Unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel (ehemals IFM-GEOMAR) werden 30 Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft mit einem Mitteleinsatz von ca. 13 Mio.€ neue Technologien entwickeln, um Erdgas (Methan) aus Methanhydraten im Meeresboden zu gewinnen und Kohlendioxid (CO2) aus Kraftwerken und anderen industriellen Anlagen sicher im Meeresboden zu speichern. Die Fördermittel werden vom BMWi (7.4 Mio.€), BMBF (2.7 Mio.€) und den beteiligten Firmen (2.9 Mio. €) aufgebracht.
Das SUGAR Projekt ist in verschiedene Teilprojekte gegliedert, ausführliche Informationen finden sie hier.
Erdgasgewinnung
Gewaltige Mengen an Erdgas sind als festes eisähnliches Methanhydrat im Meeresboden gespeichert. Diese natürlichen Vorkommen enthalten mehr Energie und Kohlenstoff (ca. 3000 Gt C) als alle konventionellen Lagerstätten von Kohle, Öl und Gas auf unserem Planeten. Erdgas ist die umweltfreundlichste Quelle für fossile Energien:
- Bei der Stromgewinnung in Erdgaskraftwerken werden weder Staub noch Schwermetalle freigesetzt.
- Der Ersatz von Kohle- durch Gaskraftwerke hat eine positive Klimawirkung, da beim Erdgas pro Einheit gewonnener Energie nur etwa halb soviel CO2 emittiert wird wie bei der Verstromung von Kohle.
- Gaskraftwerke können ohne wesentlichen Effizienzverlust in ihrer Leistung reguliert werden. Sie werden daher eingesetzt, um Angebot und Nachfrage in den Stromnetzen auszugleichen. Mit dem Ausbau der Windkraft werden die Schwankungen in der Stromversorgung weiter zunehmen, so dass zusätzliche Erdgaskraftwerke zur Stabilisierung der Netze benötigt werden.
Leider konnten in den letzten Jahren viele geplante Erdgaskraftwerke nicht gebaut werden, da die Erdgasversorgung unzureichend ist. Erdgas wird heute nur in wenigen Regionen gefördert (Russland und GUS-Staaten, Staaten am Persischen Golf, Nordsee). Wichtige Lagerstätten in der Nordsee und anderen Regionen sind weitgehend erschöpft. Die noch verfügbaren Vorkommen sind zudem fast alle in staatlicher Hand, so dass marktwirtschaftliche Anreize zur Steigerung der Fördermenge kaum greifen. Diese geopolitische Konstellation gefährdet die Energieversorgung und verschärft viele internationale Konflikte.
Mit der Erschließung der Hydratvorkommen im Meeresboden kann diese Situation fundamental verändert werden. Methanhydrate wurden an fast allen Kontinenträndern ab Wassertiefen von ca. 400 m nachgewiesen. Viele Küstenanrainerstaaten verfügen daher über große nationale Vorkommen (z. B. China, Indien, Japan, Südkorea, Brasilien, Chile, USA, Kanada, Norwegen, Russland). Deutschland besitzt keine eigenen Hydrat-Lagerstätten, da Nord- und Ostsee zu flach sind. Durch das SUGAR-Projekt wird die deutsche Wissenschaft und Industrie jedoch in die Lage versetzt, neue Technologien zur Auffindung und Ausbeutung von Hydratlagerstätten zu entwickeln. Off-shore-Vorkommen werden heute meist von internationalen Konsortien erkundet und genutzt. Mit den SUGAR-Technologien kann die deutsche Wirtschaft eine wichtige Rolle in den zukünftigen Hydrat-Konsortien spielen und so einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der nationalen und internationalen Energieversorgung leisten.
Umweltrisiken
Bei der Entwicklung des SUGAR-Projekts wurden die potentiellen Risiken des Hydratabbaus berücksichtigt und neue Strategien entwickelt, um diese Risiken weitgehend zu minimieren. Das Umweltverhalten der marinen Hydrate wurde in den letzten Jahren von den an SUGAR beteiligten Wissenschaftlern intensiv untersucht. Die SUGAR-Wissenschaftler haben auf diesem Gebiet eine Vielzahl weltweit beachteter Beiträge geleistet. Das BMBF hat für diese Studien seit 1996 mehr als 10 Mio. € zur Verfügung gestellt. Die Grundlagenforschung zeigt:
- Methanhydrat-Vorkommen am Meeresboden dienen komplexen Ökosystemen (Oasen der Tiefsee) als Energiebasis.
- Die Stabilität der Kontinentalhänge wird durch Hydratzemente im Sediment erhöht.
- Methanhydrate können bei einer zukünftigen globalen Erwärmung des Meeresbodens schmelzen und so gewaltige Mengen an Treibhausgas in den Ozean und die Atmosphäre freisetzen.
Die folgenden Ansätze wurden in SUGAR entwickelt, um diesen Befunden Rechnung zu tragen:
- Methanhydrate, die direkt am Meeresboden anstehen, werden nicht abgebaut. Der Abbau wird vielmehr auf Hydratvorkommen begrenzt, die von mindestens 50 m mächtigen feinkörnigen und undurchlässigen Sedimentschichten überlagert sind. Diese Vorkommen werden von der Lebewelt am Meeresboden nicht genutzt. Die Sedimentbedeckung verhindert zudem das unkontrollierte Entweichen von Methan bei der Erdgasproduktion.
- Methanhydrate, die an steilen Kontinentalhängen auftreten, werden nicht abgebaut. Der Abbau findet nur in flachem Gelände statt. In geotechnischen Voruntersuchungen wird kritisch überprüft, ob die Stabilität der Sedimente während des Abbauvorgangs erhalten bleibt.
- Methanhydrate werden beim Abbau durch CO2-Hydrate ersetzt. Die Sedimente werden durch diese Hydrate stabilisiert. CO2-Hydrate sind thermisch stabiler als Methanhydrate und werden bei einer zukünftigen Erwärmung des Meeresbodens -im Gegensatz zu den Methanhydraten- nicht zersetzt. Die Hydratumwandlung trägt damit zur Minimierung zukünftiger Treibhausemissionen am Meeresboden bei und stabilisiert die submarinen Kontinentalhänge.
CO2 Speicherung
Die internationale Klimaforschung hat eindeutig nachgewiesen, dass die industriellen CO2-Emissionen zu einer globalen Erwärmung führen und die Lebensbedingungen auf der Erde und in den Ozeanen nachhaltig verschlechtern. Der Weltklimarat (IPCC), die EU und andere internationale Institutionen empfehlen den Ausbau der CCS-Technologie als eine wichtige Maßnahme zur Minderung der CO2-Emissionen. Die Abkürzung CCS steht für „Carbon Capture and Storage“. Es geht darum, CO2 an Kraftwerken und anderen industriellen Anlagen abzuscheiden und im geologischen Untergrund zu speichern. Das CO2 wird dazu komprimiert und als superkritisches Fluid in tiefliegende salzige Grundwasserleiter oder ausgeförderte Öl- und Gaslagerstätten eingepresst. Bisher findet die Speicherung im Wesentlichen an Land oder in flachen Randmeeren statt. Dabei können die folgenden Probleme auftreten:
- Das superkritische CO2 hat eine geringere Dichte als Wasser, ist sehr mobil und chemisch aggressiv. CO2-Leckagen können auftreten, falls die geologischen Deckschichten unzureichend sind.
- Das in den salzigen Grundwasserleitern stehende Formationswasser und Erdgas muss durch das eingebrachte CO2 verdrängt werden. Dadurch kann es entweder zu einem starken Druckanstieg oder zur Leckage von Sole und Erdgas kommen.
- Das Speichervolumen ist begrenzt und möglicherweise nicht ausreichend für eine umfassende Realisierung der CCS-Technologie.
Die in SUGAR entwickelten Hydrat-Technologien können einen Beitrag dazu liefern, diese Probleme zu lösen:
- Das CO2 wird als eisartiger Feststoff (Hydrat) gelagert. In dieser Form ist CO2 nicht mobil, Leckagen können weitgehend ausgeschlossen werden.
- Der Porenraum wird durch den Methanhydrat-Abbau zunächst leer geräumt und kann dann ohne Druckanstieg mit CO2 verfüllt werden. Dabei wird deutlich mehr CO2 gespeichert als Ergas gefördert.
- Das Speichervolumen ist fast unbegrenzt.
Die weltweiten CO2-Emissionen werden zurzeit besonders durch den Bau von Kohlekraftwerken in China und Indien erhöht. Grade diese Schwellenländer verfügen über sehr große Methanhydrat-Vorkommen, in die CO2 aus Kohlekraftwerken eingebracht werden kann, um Erdgas zu produzieren. Das SUGAR-Projekt kann dazu beitragen, die CCS-Technologie nicht nur in Deutschland und Europa sondern auch in China und Indien zu etablieren und so die globalen CO2-Emissionen signifikant zu reduzieren.
Technische Ziele
In der ersten Projektphase (Juli 2008 bis Mai 2011) geht es zunächst darum, neue Technologien zu entwickeln und zu etablieren:
- Im Projektbereich A werden geophysikalische Verfahren (Seismik, Hydroakustik, Elektromagnetik), neue Bohrtechnologien und numerische Computermodelle entwickelt, um Hydrat-Lagerstätten aufzuspüren, die räumliche Verteilung der Hydrate im Meeresboden abzubilden und die Hydratmengen zu quantifizieren.
- Der Projektbereich B wird die Produktion von Erdgas aus Hydraten und die Speicherung von CO2 in Hydraten optimiert. Dazu werden Laborexperimente unter in-situ Druck- und Temperaturbedingungen und numerische Computermodelle eingesetzt.
- Weiterhin werden unter B neue technische Konzepte zum Erdgastransport entwickelt. Das geförderte Erdgas soll auf mobilen Plattformen in Hydrat-Pellets umgewandelt, auf spezielle Schiffe verladen und in dieser Form angelandet werden. Diese neue Art des Gastransports ist eine energetisch günstige Alternative zum Flüssiggas-Transport.
In einer zweiten Projektphase sollen diese neuen Technologien –in internationaler Kooperation- im Feld erprobt werden. Erste vielversprechende Gespräche mit Wissenschaftlern und Industrievertretern aus Südkorea, Norwegen, Brasilien, Japan, China und Indien haben bereits stattgefunden.