Kontinentalränder gehören zu den am dichtesten besiedelten Regionen der Erde und unter ihrer Oberfläche liegen oft bedeutende Energiereserven. Die Ursachen der großen strukturellen Variabilität entlang der passiven Kontinentalränder sind noch weitgehend unverstanden. Unsere Arbeiten werden ein tieferes Verständnis für die zeitliche und räumliche Verteilung der Ausdünnung von kontinentaler Lithosphäre während des Auseinanderbrechens von Kontinenten liefern, vor allem in Hinblick auf die Struktur der konjugierten (ehemals zusammenhängenden) Kontinentalränder. Das Tyrrhenische Meer ist ein natürliches Laboratorium um diese Prozesse zu untersuchen, denn im Zentralteil des Beckens sind die Ränder nach ihrer Bildung keinen weiteren tektonischen Kräften ausgesetzt worden.
Gemeinsam mit spanischen und italienischen Kollegen sollen diese Fragestellungen angegangen werden. Neu geophysikalische Daten sollen im April 2010 während eines Zwei-Schiffsexperiments gewonnen werden. Das spanische Forschungsschiff Sarmiento de Gamboa wird reflexionsseismische (MCS) Daten akquirieren und das Schießen für ein refraktions- und weitwinkelseismisches Experiment übernehmen. Ozeanbodenseismometer (OBS) aus Kiel werden die Schüsse am Meeresboden registrieren. Die OBS werden vom italienischen Forschungsschiff Urania aus eingesetzt. Unterschiedliche Korridore sollen die Krusten- und Mantelstruktur als Funktion der Dehnungsrate und Dehnungsgeschwindigkeit abbilden. Ein Vergleich dieser Krustenschnitte wird uns in die Lage versetzen, die Steuerungsmechanismen von passiven Kontinentalrändern abzuleiten.