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Semester: SS 2024 

Seminar: Verfassungsgerichtsbarkeit (Sem) (020074)

Dozentinnen/Dozenten
Prof. Dr. Dr. Ino Augsberg, Juan Ignacio Chia

Angaben
Vorlesung, 2 SWS, benoteter Schein
Praesenzveranstaltung, Blockseminar in Sehlendorf vom 02. - 03.07.2024
Zeit und Ort: Einzeltermin am 13.5.2024 18:00 - 19:00, LS2 - Seminarraum S4 - R.01.018b
Bemerkung zu Zeit und Ort: Seminarvorbesprechung am Montag, den 13. Mai um 18:00 Uhr

Inhalt
Seminarankündigung
Im Sommersemester 2024 biete ich gemeinsam mit den Kollegen Prof. Dr. Andreas Funke (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) und Prof. Dr. Steffen Augsberg (Justus-Liebig-Universität Gießen) folgendes Blockseminar an:
„Verfassungsgerichtsbarkeit“

I. Fragestellung und Vorgehen

Die Idee der Verfassungsgerichtsbarkeit scheint in einer Krise zu stecken. Nicht nur sich dezidiert als „illiberal“ ausflaggende Demokratien unterhöhlen gezielt ihre Macht; auch aus anderen politischen Richtungen ertönt Kritik. Undemokratisch, verdeckt politisch, rechtsmethodisch unkontrolliert, auf die Verhältnisse der Gegenwart nur unzureichend eingestellt soll die Institution sein. Dieser Kritik und dem angeblichen Krisenbefund steht auf der anderen Seite eine anhaltend hohe Wertschätzung gegenüber, die gerade das Bundesverfassungsgericht in der deutschen Gesellschaft genießt. So sehr einzelne Entscheidungen in Frage gestellt werden, verbürgt es dem politischen System verbürgt es offenbar unverzichtbare Stabilität und Kontinuität. An diesem Befund setzt allerdings wiederum Kritik an: Eben durch diese ihm halb von außen zugeschriebene, halb aktiv wahrgenommene Rolle befördere das Bundesverfassungsgericht die politische (Selbst-)Entmündigung des Volkes. Als „gesellschaftliches Über-Ich“ (Ingeborg Maus) ersetze es die verlorene kaiserliche Vaterfigur. Ähnliches soll für die Rechtswissenschaft gelten, die allzu oft nur noch damit beschäftigt ist, die Entscheidungen des Verfassungsgerichts wie gesetzgeberische Maßgaben zu interpretieren und zu ordnen. Mit diesem Krisenbefund eigener Art konfrontiert, sucht die Rechtswissenschaft neue Wege, um die Institution der Verfassungsgerichtsbarkeit besser zu verstehen.
Wie also lässt sich die Idee der Verfassungsgerichtsbarkeit näher bestimmen? Dieser Frage will das Seminar näher nachgehen. Es kann dabei anschließen an eine bemerkenswerte Fülle von Publikationen gerade aus den letzten Jahren, in denen nicht nur, aber insbesondere ehemalige Verfassungsrichterinnen und -richter diese besondere Institution und ihre Funktion für die Gesellschaft näher erläutern.

II. Umsetzung/Themenvorschläge

Vor diesem Hintergrund kommen als Themen für die Referate etwa folgende Fragestellungen in Betracht:

  • Das Verfassungsgericht als gesellschaftliches Über-Ich? Ingeborg Maus’ Kritik an einer deutschen Ideologie

  • Die „counter-majoritarian difficulty“ als verfassungstheoretisches Problem: (Warum) darf ein Verfassungsgericht gegen eine demokratische Mehrheit entscheiden?

  • Auf dem Weg zum Verfassungsgerichtsverbund? Das Bundesverfassungsgericht im Zusammenspiel mit EuGH, EGMR und den Verfassungsgerichten der anderen Mitgliedstaaten der EU

  • Das Verfassungsgericht und die Gesellschaft der Organisationen. Karl-Heinz Ladeurs Kritik des Bundesverfassungsgerichts

  • Evidence-based constitutional law? Zum Umgang des Verfassungsgerichts mit Tatsachenfragen

  • Personalisierung, Politisierung, Justizialisierung – wohin bewegt sich die Verfassungsgerichtsbarkeit?


III. Zeit und Ort; Ablauf; Literaturhinweis

Das Seminar findet als Blockveranstaltung vom 1.–3. Juli 2024 im Otto-Bagge-Kolleg in Sehlendorf statt. Für Übernachtung und Verpflegung ist ein Kostenbeitrag von voraussichtlich ca. 35 Euro zu entrichten.
Im Seminar selbst können zu den angegebenen oder selbst ausgesuchten Fragestellungen Referate von ca. 20 Minuten Länge gehalten und diskutiert werden. Wenn die Referate auch in Form einer schriftlichen Ausarbeitung vorgelegt werden sollen, müssen diese bis eine Woche vor Seminarbeginn abgegeben werden.

Zur Vorbereitung auf das Thema ist noch einmal auf die oben genannten Bücher aus jüngerer Zeit zu verweisen, insbesondere:
Dieter Grimm, Verfassungsgerichtsbarkeit, Berlin 2021
Gertrude Lübbe-Wolff, Beratungskulturen. Wie Verfassungsgerichte arbeiten, und wovon es abhängt, ob sie integrieren oder polarisieren, 2022 (abrufbar unter www.kas.de)
Karl-Heinz Ladeur, Verfassungsgerichtsbarkeit in der Krise? Deutschland, Europa, Nord- und Südamerika, Tübingen 2021
Andreas Voßkuhle, Europa, Demokratie, Verfassungsgerichte, Berlin 2021

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 25

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