Beispiele zur Ozeanbeobachtung

Kern der Forschungsaktivitäten der Physikalischen Ozeanographie sind Beobachtungsprogramme zur Ozeandynamik im Hinblick auf die Rolle des Ozeans im Klimasystem mit einem besonderen Fokus auf den Atlantischen Ozean. Die großräumige Zirkulation in allen Tiefenbereichen des Ozeans, physikalische Prozesse an der Meeresoberfläche und im Inneren des Ozeans, deren Auswirkungen auf Strömungen, Tiefenwasserbildung und den ozeanischen Transport von Wärme und Frischwasser sowie deren Wechselwirkungen mit  biologischen und chemischen Prozessen sind Schwerpunkte der Untersuchungen.

 

Die Strömungen am Äquator

Der äquatoriale Atlantik zeichnet sich durch besonders starke Strömungen aus, die aufgrund der Erdrotation hauptsächlich in Ost-West-Richtung verlaufen. Die stärkste Strömung ist der Äquatoriale Unterstrom, der in etwa 80 Meter Wassertiefe mit ungefähr 4 Kilometer pro Stunde von West nach Ost quer über den Atlantik strömt (siehe Abbildung oben) und die biologisch sehr produktiven Auftriebsgebiete im Osten mit Nährstoffen versorgt. Diese Strömung, aber auch die darunter liegende Tiefenzirkulation, werden am GEOMAR mit einem Langzeitobservatorium vermessen, das in Zusammenarbeit mit dem internationalen PIRATA Programm betrieben wird.

Besonders bemerkenswert sind die beobachteten langfristige Schwankungen der äquatorialen Zirkulation. So hat sich die nach Osten gerichtete Strömung des Äquatorialen Unterstroms in den letzten 10 Jahren um etwa 20 Prozent verstärkt, insbesondere in 100 bis 200 Meter Wassertiefe. Solche direkt vermessenen Strömungsschwankungen liefern wichtige Erklärungen für anderweitig beobachtete Veränderungen in der Sauerstoff- oder Nährstoffverteilung des Ozeans. In größeren Tiefen zwischen 300 und 2000 Metern konnten mit den Strömungsmessungen am Äquator auch regelmäßige mehrjährige Schwankungen der Tiefenzirkulation nachgewiesen werden. In einem Zyklus von etwa 4,5 Jahren ändert sich die Strömungsrichtung in der Tiefe (siehe Abbildung), diese Signale können aus der Tiefe bis zur Meeresoberfläche verfolgt werden. Durch die Zusammenarbeit von beobachtender und theoretischer physikalischer Ozeanographie konnten am GEOMAR die Entstehungsmechanismen dieser Zirkulations­schwankungen, aber auch deren Auswirkungen auf das tropische Klima erstmals erklärt werden. 

 

Geringere Temperaturschwankungen im tropischen Atlantik

Im tropischen Atlantik erwärmt sich das oberflächennahe Wasser im Abstand von einigen Jahren. Solche Warmwasserereignisse, bei denen die Meeresoberflächentemperatur deutlich wärmer ist als zu der jeweiligen Jahreszeit üblich, treten sowohl im östlichen äquatorialen Atlantik als auch vor der Küste Angolas auf. Sie werden auch als Atlantik und Benguela Niños bezeichnet und haben große Auswirkungen auf das marine Ökosystem und den Fischfang sowie auf Niederschläge über Westafrika.

Am GEOMAR wird durch die Auswertung von Beobachtungsdaten und Modellsimulation erforscht, welche Mechanismen zur Entstehung solcher Warmwasserereignisse führen und wie sich ihre Eigenschaften über den Zeitraum mehrerer Jahrzehnte verändert haben und unter dem Einfluss des globalen Klimawandels möglicher­weise weiter verändern werden. Die Analyse von langen Zeitreihen beobachteter Meeresoberflächentemperatur zeigt, dass diese Ereignisse seit dem Jahr 2000 schwächer und seltener geworden sind (siehe Bild oben). Diese Abnahme der Variabilität der Oberflächentemperatur lässt sich auf eine Abschwächung der Ozean-­Atmosphären-Wechselwirkung im äquatorialen Atlantik und eine geringere Auswirkung von Windschwankungen am Äquator auf die Oberflächentemperatur vor Angola zurückführen. Ob diese Veränderungen mit dem Klimawandel zusammenhängen, wird zurzeit noch erforscht.

 

Der wirbelnde Ozean

Die Strömungsmuster im Ozean sind durch Verwirbelungen geprägt, wie man sie beispielsweise auch in Flüssen beobachten kann. Wirbel sind im Meer teilweise hundert Kilometer und mehr im Durchmesser und können mehrere Monate und sogar  Jahre existieren, wobei sich die Wirbel auch als Ganzes bewegen. Ihre Drehung erfolgt mit oder entgegen dem Uhrzeigersinn und kann beachtliche Geschwindigkeiten von bis zu fünf Kilometer pro Stunde erreichen.

Wirbel unterscheiden sich in ihren physikalischen, biologischen und chemischen Eigenschaften häufig sehr stark vom umgebenden Wasser und sind für viele Prozesse im Meer von großer Bedeutung. Um Wirbel zu beproben stehen Wissenschaftler vor besonderen Herausforderungen, angefangen damit, die Wirbel erstmal aufzuspüren. Hier können oft Messungen vom Satelliten helfen. Um die Wirbel dann zu untersuchen sind Messungen nötig, die mit mehreren Messplattformen gleichzeitig durchgeführt werden, wie sie den Forscher*innen etwa durch die MOSES (Modular Observation Solutions for Earth Systems) Infrastruktur zur Verfügung steht. So kann ein räumlich und zeitlich hochaufgelöstes Bild der Wirbel und ihrer Umgebung erfasst und untersucht werden. Die Entstehung und Ausbreitung von Wirbeln ist für den Austausch zwischen den Küsten und dem offenen Ozean von großer Relevanz. Auch wurden im tropischen Atlantik, nahe der Cape Verde Ocean Observatory (CVOO), Wirbel entdeckt, die extrem niedrige Sauerstoffwerte aufwiesen und die dadurch außergewöhn­liche Organismen beheimateten.

Mehr zum Thema: Wirbeljagd vor den Kapverden (GEOMAR News 01/20)

 

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