Proxies – Schlüssel zur Vergangenheit
Ozeanische Umweltbedingungen werden nicht direkt in Sedimenten oder Korallen gespeichert, sondern müssen aufwändig indirekt über sogenannte Proxies bestimmt werden. Diese erlauben es, marine Umweltbedingungen der Vergangenheit wie Temperatur, Salzgehalt, Nährstoffverfügbarkeit und marine biologische Produktivität, pH-Wert, Wassermassenverteilung und -mischung und marine Kohlenstoffspeicherung mit hoher Genauigkeit zu bestimmen. Proxies können Vergesellschaftungen bestimmter Organismen sein oder chemische Elemente und deren Isotope, die in den Sedimenten oder Mikrofossilschalen gespeichert sind. Deren Eichung auf bestimmte Umweltparameter kann unter anderem durch Laborexperimente und den Vergleich mit heutigen Proxy-Verteilungen im Meerwasser erfolgen.
Animation: Was sind Isotope?
Isotope nennt man natürliche Varianten eines chemischen Elements mit einer unterschiedlichen Anzahl von Neutronen in ihrem Atomkern. So besitzt das Kohlenstoff-Isotop 12C 6 Neutronen, 13C aber 7 Neutronen. Die verschiedenen Isotope eines Elements verhalten sich chemisch identisch, haben aber ein unterschiedliches Gewicht.
Isotopen- und Elementverhältnisse
In den geochemischen Laboren des GEOMAR werden eine Vielzahl von geochemischen Proxies an unterschiedlichsten Komponenten der Meeressedimente gemessen. Zum Beispiel ermöglicht die Analyse der Verhältnisse von Magnesium und Kalzium in Kalkschalen mariner Mikrofossilien die Rekonstruktion der Temperatur, bei der die Schalen gebildet wurden. Das Verhältnis der Isotope 13C und 12C dagegen zeigt ein Abbild der Ozeanzirkulation, der Durchlüftung und Nährstoffkonzentrationen von Wassermassen und des Kohlendioxidtansfers zwischen Ozean und Atmosphäre. Die Kombination verschiedener Proxies aus Sedimentschichten gleichen Alters von verschiedenen Lokationen oder die gleichzeitige Untersuchung von verschiedenen Mikrofossilarten, die unterschiedliche Wassertiefen besiedeln, erlaubt die räumliche Rekonstruktion verschiedener Parameter auf unterschiedlichen Zeitskalen der Vergangenheit.
Wie wird das Alter des Sediments bestimmt?
Für jegliche Rekonstruktion paläo-ozeanographischer und paläoklimatischer Prozesse muss das Alter des Probenmaterials genau bekannt sein. Die Datierung wird über relative und absolute Methoden durchgeführt. Relative Alterseinstufungen erfolgen zum Beispiel über die evolutionsbedingten Veränderungen der Mikrofossilien, die in den marinen Sedimenten überliefert sind. Absolute Datierungen erfolgen hingegen über radioaktive Isotope, mit denen man Ablagerungen, die beispielsweise 130.000 Jahre alt sind, mit einer Unsicherheit von nur wenigen 100 Jahren bestimmen kann.
Eine Kombination relativer und absoluter Methoden wird bei der Sauerstoffisotopenstratigraphie angewendet. Hierbei wird das Sauerstoff-Isotopenverhältnis des Meerwassers an den Kalkschalen mariner Mikrofossilien gemessen. Da sich das Isotopenverhältnis im tiefen Ozean nur mit dem Wachsen und Verschwinden der Eisschilde an Land ändert, überliefert es die Wechsel zwischen Eiszeiten und Warmzeiten. Da diese klimatischen Wechsel hauptsächlich von der Sonneneinstrahlung und damit den zyklischen Änderungen der Erdbahnparameter gesteuert wurden, kann die Abfolge der Kalt- und Warmzeiten mit der sehr genauen astronomischen Zeitskala abgeglichen werden. Mit dieser Methode können viele Millionen Jahre alte Sedimente mit einer Unsicherheit von nur wenigen 1000 Jahren datiert werden.