Der Meeresspiegelanstieg nimmt an Fahrt auf! Wo ist Endstation?

Wissenschaftlicher Hintergrund

Durch den menschgemachten Klimawandel steigt der Meeresspiegel weltweit. Seit Beginn der Industrialisierung ist durch die Klimaerwärmung der Meeresspiegel bereits um 20 cm angestiegen und der Anstieg hat sich von 1,4 mm p.a. am Anfang des 19. Jahrhunderts auf 3,7 mm p.a. im letzten Jahrzehnt deutlich beschleunigt. Die auf dem Plakat genannten Prognosen zum globalen Meeresspiegelanstieg bis zu den Jahren 2100 und 2300 stammen aus dem Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC), der im August 2021 veröffentlicht wurde. Hier finden Sie ergänzende Informationen, die die genannten Zahlen auf dem Plakat noch genauer erklären.

1: +0,4 bis +2 Meter in 2100?

Ob sich der globale Meeresspiegel um +0,4 m oder um bis zu +2 m bis 2100 erhöhen wird, hängt sehr von den zukünftigen globalen Treibhausgasemissionen ab und der damit verbundenen globalen Erwärmung. Daher wird im IPCC mit verschiedenen Emissionsszenarien gerechnet (Abb. 1a):

Im schlimmsten Fall (Worst-Case Szenario) machen wir weiter wie bisher (Business as usual, SSP5-8.5) und die Treibhausgasemissionen steigen in den nächsten Jahrzehnten weiterhin an. Die Erde erwärmt sich dadurch bis zum Jahr 2100 um ungefähr +4,4°C (3,3°C bis 5,7°C). In diesem Fall müssen wir mit einem globalen Meeresspiegelanstieg im Jahr 2100 von mindestens +1,0 m (+0,8 m bis +1,2 m, Abb. 1b) rechnen. Da das Abschmelzen der Eispanzer von Grönland und der Antarktis schwer vorhersagbar ist und deutlich schneller passieren kann als bisher angenommen, kann der Meeresspiegel in neusten Prognosen bis zum Jahr 2100 auch um bis zu +2,0 m ansteigen.

Im besten Fall (Best-Case Szenario) gehen durch sehr ambitionierten Klimaschutz die Treibhausgasemissionen global ab 2025 zurück und Klimaneutralität wird global im Jahr 2055 erreicht (SSP1-1.9). Nach 2055 haben wir global negative Emissionen, wodurch CO2 aus der Atmosphäre entfernt wird. In diesem Fall haben wir gute Chancen die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten, da sich die Erde hier laut den Prognosen des IPCC bis zum Jahr 2100 um +1,4°C (1,0°C bis 1,8°C) erwärmt. Der globale Meeresspiegel steigt nur +0,5 m (+0,4 m bis +0,7 m, Abb. 1b).

 

 

2: +0,5 bis +15 Meter in 2300?

Da die Gletscher der Erde durch ihre Trägheit mit einer großen Zeitverzögerung auf die Klimaerwärmung reagieren, sind langfristige Prognosen zum Meeresspiegelanstieg wichtig, um uns unsere volle Verantwortung für zukünftige Generationen vor Augen zu führen. Je nachdem wie ambitionierten Klimaschutz wir machen, sagen die Prognosen des IPCC einen Meeresspiegelanstieg zwischen +0,5 m bis +15 m bis 2300 voraus (Abb. 1c).

Im schlimmsten Fall, im Buisness as usual Szenario (SSP5-8.5), sinken zwar die Teibhausgasemissionen ab dem Jahr 2100, aber aufgrund der immer noch hohen Emissionen und der Trägheit des Klimas erwärmt sich die Erde auf + 7°C bis + 14°C bis zum Jahr 2300. In diesem Fall wird der Meeresspiegel bis zum Jahr 2300 zwischen +2 m und +7 m ansteigen. Auch hier kann der Meeresspiegelanstieg mit bis zu +15 m deutlich höher ausfallen als bisher angenommen, da es schwer vorhersagbar ist, wie schnell die Eispanzer von Grönland und der Antarktis abschmelzen.

Im besten Fall stabilisieren wir durch sehr ambitionierten Klimaschutz (SSP1-2.6) den CO2 Gehalt der Atmosphäre auf einem Niveau wie zu Beginn des 21. Jahrhunderts (~390 ppm) und begrenzen damit langfristig die globale Erwärmung auf ungefähr 1,5°C (1,1°C bis 2,2°C). Trotzdem würde der globale Meeresspiegel aufgrund der Trägheit der Eispanzer bis zum Jahr 2300 um +0,5 m bis +3,2 m ansteigen.

Da unser Klimasystem sehr komplex ist, wird es, je weiter wir in die Zukunft schauen, umso schwerer die globale Erwärmung und den Meeresspiegelanstieg exakt vorherzusagen, wie man auch Anhand der möglichen Bandbreite innerhalb der Szenarien sehen kann. Unterm Strich wird jedoch deutlich, dass es beim Meeresspiegelanstieg, wie auch in vielen anderen Bereichen, auf die wir hier nicht eingehen, es einen sehr großen Unterschied macht, wie ambitionierten Klimaschutz wir in den nächsten Jahrzehnten machen.

 

3: 25 Prozent der Fläche von Schleswig-Holstein liegen nur knapp über dem Meeresspiegel

Der globale Meeresspiegelanstieg bedroht weltweit niedrig liegende Küstenregionen. Aber auch in Schleswig-Holstein liegen fast 25 % der Landesfläche nur knapp über dem Meeresspiegel und sind daher vom Meeresspiegelanstieg massiv bedroht. Das ist zum größten Teil das Marschland an der Nordseeküste, aber auch einige Flächen an der Ostseeküste. In diesem Raum leben laut der Landesregierung von Schleswig-Holstein über 350.000 Menschen und sind Sachwerte in Höhe von 49 Milliarden Euro vorhanden.
Mehr Infos unter www.schleswig-holstein.de

Um einen Eindruck davon zu geben, welche Regionen in Schleswig-Holstein besonders vom Meeresspiegelanstieg bedroht sind, zeigt die Karte auf der rechten Seite des Plakats, welche Flächen bei einem Meeresspiegelanstieg von +2 m (Worst-Case Szenario im Jahr 2100) unterhalb des Meeresspiegels liegen würden und daher sehr aufwändig vor einer Überflutung geschützt werden müssten. Aber Deiche können nicht beliebig erhöht werden und mit steigendem Meeresspiegel wird es immer aufwändiger, die dann unter dem Meeresspiegel liegenden Flächen über das Meer mit Pumpwerken zu entwässern.
Kartenausschnitt auf Flood Maps

 

 

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