Was isotopische Bausteine über ozeanische Inseln verraten

Petersen Exzellenz-Professur 27 | Prof. Dr. Prof. Dr. Oliver Nebel

Ozeanische Inseln sind in vielerlei Hinsicht exotisch. Nicht nur aufgrund ihrer Palmen und weißen Strände, oder weil sie im weiten Ozean für Jahrtausende schier unberührte Vegetation beherbergen. Diese isolierten Inseln sind auch fast ausschließlich vulkanischen Ursprungs und verbergen geologische Geheimnisse, die Rückschlüsse auf den Ursprung unseres Planeten zulassen. Viele ozeanische Inseln sind, ähnlich wie Eisberge, die im Meer schwimmen, nur die Spitze von gewaltigen Vulkanen, die aus dem Ozean herausragen. Was jedoch auffällt ist, dass sich nicht alle Vulkanausbrüche gleichen, sondern sehr unterschiedliche physikalische Merkmale zeigen, die charakteristisch für einzelne Vulkane sind. Explosionen ereignen sich hauptsächlich entlang der tektonischen Strukturen der Platten, die unsere Erdkruste ausmachen, zum Beispiel entlang des Pazifischen Feuerrings. Vulkane mit massiven Lavaströmen sind jedoch eher willkürlich im Ozean verteilt, treten häufig als Gruppe von Inseln auf und passen somit nicht in das klassische Bild der Plattentektonik. Diese Vulkane bilden sich inmitten der tektonischen Platten und einige scheinen aufgereiht einer unsichtbaren Linie zu folgen. Kombiniert mit den tektonischen Plattenbewegungen wird jedoch klar, dass es sich bei dem Ursprung dieser Linie von gewaltigen Feuerbergen um punktuelle Phänomene unterhalb der Erdplatten handeln muss. Die Platten schieben sich nur darüber hinweg, sodass sich Magma einen Weg durch die basaltische Erdkruste schweißt und wie Perlen aufgereihte Vulkane auf der Erdoberfläche zurücklässt. 

 

Ozean-Insel Basalte und Isotope
Intraplatten-Vulkane sind aus sogenannte Ozean-Insel Basalten aufgebaut (OIB), obwohl nicht alle Laven tatsächlich basaltisch sind, sondern anders klassifiziert werden. Diese Variation ist eine Funktion des Gesteinschemismus und zumeist auf zwei Faktoren zurück zu führen. Zum einen, wie sich die Schmelze auf dem Weg zur Oberfläche verändert. Während Lava abkühlt, kristallisieren Minerale in verschiedenen Proportionen und Kombinationen, sodass sich die Restschmelze um eben diese Mineralzusammensetzung ändert; meist wird die Schmelze siliziumreicher und auch dickflüssiger. Der andere kritische Faktor verbirgt sich in der Art und Weise, wie Schmelze sich im Erdmantel bildet und in welcher Tiefe. Die Mineralzusammensetzung des Mantels ändert sich mit steigendem Druck und somit auch die partielle Schmelze, die hier ensteht. Durch Spurenelementanalysen ist bekannt, wie Schmelze sich bilden sollte. So lässt sich ein bestimmter Elementcocktail einer Tiefe zuordnen. Tatsächlich passt die Gesteinschemie vieler OIB jedoch nicht in dieses simple Schema. Wenn beide Faktoren also ausgeschlossen werden können, bleibt nur eine Alternative: Was schmilzt, ist nicht normaler Erdmantel. Nur woher kommt dieser ungewöhnliche Mantel?

Isotope sind hier des Rätsels Lösung. Isotope sind nichts anderes als Atome eines Elementes mit unterschiedlicher Masse. Die Anteile dieser unterschiedlichen Massen eines Elementes können mittels modernster Technik hochpräzise gemessen werden. In der Gesteinschemie unterscheiden wir grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Isotopenanalysen. Radiogene Isotope sind das Produkt radioaktiven Zerfalls. Das Verhältnis von Mutterisotop zu Tochterisotop, die Zerfallsrate sowie die Zeitspanne, in der Isotope zerfallen, sorgen so für einen Fingerabdruck, der es erlaubt, spezifische Reservoire auf der Erde zu klassifizieren. Dies basiert vor allem auf Isotopensystemen, die eine extrem lange Halbwertszeit haben und so zum Beispiel das Aufschmelzen des Mantels und die Bildung von neuer Kruste aufzeichnen, die unter Umständen Milliarden von Jahren in der Vergangenheit liegen. Stabile Isotope sind die zweite, wichtige Gruppe der Isotopenstudien. Die „Fraktionierung“ dieser Isotope resultiert hauptsächlich aus Massenbewegungen während unterschiedlicher geologischer Prozesse. Dies kann die Kristallisation von Mineralen aus einer Schmelze sein oder aber das Aufschmelzen von Gestein in der Tiefe. Kombiniert man beide Methoden miteinander in einer Reihe von Gesteinen einer einzelnen Insel, so lassen sich die Quelle, als auch der Aufschmelzprozess, sowie die Evolution der Schmelze en route zur Oberfläche rekonstruieren.

 

Verschollene Kontinente mitten im Ozean
In einer Reihe von Studien an OIB konnte mittels stabiler und radiogener Isotope gezeigt werden, dass sich Komponenten im Mantel befinden, die einst an der Erdoberfläche waren. Durch den Prozess der Subduktion wurden diese an aktiven Plattengrenzen in den Mantel gebracht und dort über hunderte von Millionen von Jahren aufbewahrt, um dann mittels Auftrieb im Mantel wieder an die Oberfläche zu gelangen. Ein Bespiel für diesen Prozess zeigt sich an der Insel Mangaia. Dieses Atoll gehört zu den Cook Inseln im südlichen Pazifik und ist gerade mal etwas grösser als 50 Quadratkilometer, also knapp halb so groß wie das Kieler Stadtgebiet. Der Schein trügt jedoch: Mangaia ist nur die Spitze eines 4.750 ­Meter hohen Vulkans. Isotopenanalysen von Blei und Hafnium, beides radiogene Elemente, die sich aus dem Zerfall von Uran und Lutetium speisen, zeigen, dass eine archaische Komponente in der Quelle der Insel seit mehr als 2,5 Milliarden Jahren im Mantel verweilt. Die Insel selbst ist jedoch um den Faktor 1.000 jünger. Diese Quelle liegt in der Übergangszone zwischen oberem und unterem Mantel in zirka  400 bis 600 Kilometer Tiefe. Des Weiteren haben Eisen-Isotopenanalysen gezeigt, dass dieses Material kohlendioxidreich sein muss. So wissen wir, dass Ozeanische Kruste im Archaikum, wie immer diese auch ausgesehen hat, bereits CO2 gespeichert hatte.
 

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Prof. Dr. Oliver Nebel
Position: Associate Professor, Leiter des Isotopia Laboratory, Monash University, Melbourne, Australien
Forschungsinteresse: Interaktion der Erdkruste mit dem Erdmantel im ozeanischen Bereich