SONNE SO288
- Bereich:
- Östlicher Südpazifik
- Zeit:
-
15.01.2022 - 15.02.2022
- Institution:
- GEOMAR
- Leitung:
- Heidrun Kopp
Der Ozeanboden stellt die äußere feste Hülle für über 70% unseres Planeten dar. Dennoch ist diese ‚Haut‘ keineswegs starr, sondern wird im Zuge der globalen Plattentektonik kontinuierlich bewegt und deformiert. Diese Abläufe führen dazu, dass sich tektonische Spannungen im Meeresboden aufbauen können, die über lange Zeiträume so groß werden, dass sie sich plötzlich und meist (noch) unerwartet in einem Erdbeben entladen. Im marinen Bereich birgt dies bei Starkbeben zusätzlich die Gefahr von Tsunamis, so wie im Jahr 2004 vor Sumatra oder im Jahr 2011 vor Japan. In unserer global eng vernetzten Gesellschaft und Wirtschaft haben solche Ereignisse auch Auswirkungen auf Deutschland, u.a. durch Tourismus, Verknappung von Ressourcen oder politische Weichenstellungen wie den Ausstieg aus der Atomkraft in Folge der Fukushima-Katastrophe. Nachträgliche Analysen zeigen, dass die Oberflächendeformation aufgrund des Spannungsabbaus während eines Erdbebens am Meeresboden konzentriert ist und daher oft mit der Auslösung von Tsunamis einhergeht. Der Meeresboden birgt somit Informationen über Spannung und elastische Verformung, sowie zur Entstehung und Verlauf von Erdbeben und daraus resultierenden Tsunamis. Diese Informationen können methodisch durch das neue Feld der Meeresboden-Geodäsie über akustische Distanzmessungen, Neigungs- und Druckänderungsmessungen in hoher (cm) Auflösung gewonnen werden. Hierzu wurde im Rahmen des durch das BMBF geförderte Projekt GeoSEA (Geodetic Earthquake Observatory on the SEAfloor) ein Netzwerk an Messstationen entwickelt, um Deformationen direkt am Meeresboden erfassen zu können. Um zu einer verbesserten Gefährdungsabschätzung von Starkbeben zu gelangen, wurden im Jahr 2015 drei marine geodätische Netzwerke vor Nord-Chile auf dem unteren und mittleren Kontinentalhang sowie dem ‚outer rise’ installiert, um die Deformation des Meeresbodens im Iquique-Segment der Plattengrenze zwischen Südamerika und der Nazca-Platte aufzuzeichnen (GeoSEA Netzwerk, SONNE Fahrt SO244). Ziel dieser Beobachtungen ist es, den oben beschriebenen Spannungsaufbau direkt messen zu können und darüber die Abschätzungen der Gefährdungslage zu verfeinern. Da die erwarteten Deformationsraten gering sind (maximal einige cm/Jahr), mussten die Stationen mehrere Jahre am Meeresboden verbleiben, wo sie autonom in Wassertiefen zwischen 2.5 und über 5 km gemessen haben. Die Bergung der Meeresbodentransponder nach ihrer 3-jährigen Batterielaufzeit erfordert den Einsatz eines ferngesteuerten Unterwasserroboters (auch remotely operated vehicle oder kurz ROV genannt). Die Transponder messen die Distanzen innerhalb der Netzwerke sowie die Neigung, den Druck und die Wasser-Temperatur. Die Meeresbodenmorphologie ist durch hochauflösende Kartierungen mittels Unterwasserdrohnen (autonomous underwater vehicles oder AUV) untersucht, allerdings fehlt eine Kenntnis der Strukturen unterhalb des Meeresbodens im Bereich der Netzwerke. Diese sollen mittels hochauflösender seismischer Verfahren (inkl. Ozeanbodenseismometern, um die Geschwindigkeitstiefeninformation zu erhalten und Tiefensektionen erstellen zu können) ergänzt durch visuelle Meeresbodenuntersuchungen (ROV Kamera) und Probennahme aufgezeigt werden, um die geodätischen Signale differenziert nach ihrem Ursprung bewerten zu können, in Abhängigkeit vom Grad von Kopplung oder Kriechen interseismischer Art, sowie der Verteilung der Deformation an der Plattengrenze und innerhalb der Oberplatte.